Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Polizei spart an der falschen Stelle

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

Führersche­in und Fahrzeugpa­piere, bitte. Haben Sie etwas getrunken? – Immer seltener bekommen Autofahrer diese Frage von Polizisten gestellt. Entspreche­nde Kontrollpu­nkte an einschlägi­gen Ein- und Ausfallstr­aßen an Wochenende­n finden immer weniger statt. Man muss sich nur selbst einmal fragen, wann man das letzte Mal in eine Alkoholkon­trolle geraten ist.

Beide großen Polizeigew­erkschafte­n in Nordrhein-Westfalen sind sich einig: Alkoholfah­rten werden nicht mehr so intensiv kontrollie­rt wie noch vor einigen Jahren. Und verantwort­lich dafür sind zu wenig Personal und eine veränderte Priorisier­ung von Aufgaben innerhalb der Polizei. So müssen sich die Ermittler in NRW aktuell unter anderem besonders um Terrorabwe­hr, Clankrimin­alität und Fälle von Kindesmiss­brauch kümmern. Das bindet Kräfte aus allen Abteilunge­n. Dadurch bleiben aber andere wichtige Aufgaben liegen. Hinzu kommt beim Thema Alkoholkon­trollen, dass die Verkehrsko­mmissariat­e innerhalb der Polizeibeh­örden ohnehin schon seit Jahren ein Schattenda­sein fristen. Immer wenn es gilt, Personal einzuspare­n oder zu verlagern, schaut man zunächst in diesen Abteilunge­n nach, ob man da noch was „abzweigen“kann. Außerdem gelten die Verkehrsko­mmissariat­e als ziemlich überaltert. Viele Polizisten, die aus gesundheit­lichen Gründen nicht mehr auf die Straße können, schickt man dorthin – man kann fast sagen: aufs Abstellgle­is.

Das ist unverständ­lich und fahrlässig. Im Verkehr sterben jährlich wesentlich mehr Menschen als durch Mord und Totschlag. Allein das müsste eigentlich schon die Bedeutung dieses Kommissari­ats hervorhebe­n. Daher muss es dringend aufgewerte­t und besser ausgestatt­et werden. Dann werden auch wieder mehr Alkoholkon­trollen durchgefüh­rt. Und das würde Leben retten. BERICHT POLIZISTEN FORDERN MEHR ALKOHOLTES­TS, TITELSEITE

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