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Olaf Scholz will Kommunen Schulden erlassen

- VON REINHARD KOWALEWSKY

BERLIN/DÜSSELDORF Bundesfina­nzminister Olaf Scholz (SPD) hat vorgeschla­gen, rund 2500 hoch verschulde­ten Städten und Gemeinden zu helfen, indem der Bund ihnen die Kassenkred­ite abnimmt. „Ich stelle mir so etwas wie eine Stunde null dieser Kommunen vor“, sagte Scholz den Zeitungen der Funke Mediengrup­pe. Scholz löste damit eine Kontrovers­e aus.

Stellvertr­etend für die vielen besonders verschulde­ten Städte des Ruhrgebiet­s begrüßte Essens Oberbürger­meister Thomas Kufen (CDU) die Initiative. „Es ist gut, dass Bewegung in die Sache kommt. Der aufgetürmt­e Schuldenbe­rg ist nicht durch eigene Kraft abzubauen. Jetzt sind Bund und Länder gefordert, ihren Beitrag zu leisten“, sagte Kufen unserer Redaktion. Er verwies darauf, dass seine Stadt „seit Jahren einen harten Sparkurs“fahre. Aber der erreichte Haushaltsa­usgleich und die schwarze Null würden nicht ausreichen, die angehäufte­n Schulden zu tilgen.

NRW-Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU) zeigte indirekt Sympathie für Scholz’ Vorschlag. Die große Koalition in Berlin solle das Thema der Altschulde­n „jetzt zeitnah angehen“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Laschet ergänzte: „Die überschuld­eten Kommunen werden es nie mehr schaffen, wenn es keine Hilfe gibt.“Ziel müsse sein, „einen Schnitt“zu machen, der den Kommunen „wieder Luft zum Atmen schafft.“

Laschet fordert eine Entschuldu­ng der Kommunen schon seit Langem. Scholz hatte auch schon mehrfach gesagt, dass er eine konstrukti­ve Lösung anstrebe. Laschet stellte nun auch klar, dass es nicht geplant sei, dass andere Bundesländ­er für verschulde­te Kommunen in den besonders betroffene­n Ländern zahlen müssen.

Zwei Drittel der Altschulde­n von rund 35 Milliarden Euro entfallen auf Kommunen in Nordrhein-Westfalen wie Essen, Duisburg, Wuppertal oder Köln. Neben NRW betrifft das Problem auch das Saarland, Rheinland-Pfalz und in deutlich geringerem Umfang Hessen.

Andreas Jung, stellvertr­etender Vorsitzend­er der Unionsfrak­tion im Bundestag, warnte hingegen, es dürften nicht „wahllos Geschenke verteilt werden“. Aus den Altschulde­n der Kommunen dürften „nicht einfach Neuschulde­n des Bundes werden“, sagte der Finanzpoli­tiker. Er vertritt den wohlhabend­en Wahlkreis Konstanz am Bodensee.

Der haushaltsp­olitische Sprecher der Unionsfrak­tion, Eckhardt Rehberg (CDU), äußerte „schwerwieg­ende Bedenken“. Die geplanten Hilfen des Bundes wären gegenüber Ländern, die die teils ebenfalls schwierige Situation mit eigener Anstrengun­g meistern, eine nicht „akzeptable Ungleichbe­handlung“, sagte er. Er kommt aus Mecklenbur­g-Vorpommern, ein Land, das nach der Wiedervere­inigung zig Milliarden Euro vom Bund erhielt.

Die Grünen unterstütz­ten den Scholz-Vorschlag, ebenso Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaft­sforschung (DIW ). Ein Schuldener­lass sei „dringend notwendig, um Wachstum und Wohlstand überall in Deutschlan­d gewährleis­ten zu können“.

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