Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Spitzenzwe­iter!

Nach einer tollen Bundesliga-Hinrunde belegt Borussia Mönchengla­dbach Rang zwei – hat aber viel Luft nach oben.

- VON SEBASTIAN HOCHRAINER

MÖNCHENGLA­DBACH Bei der Fahndung nach dem Überraschu­ngsteam der Bundesliga-Hinrunde wird man relativ schnell fündig. Denn mit Borussia Mönchengla­dbach überwinter­t eine Mannschaft auf dem zweiten Platz mit 35 Punkten, zwei Zähler hinter Herbstmeis­ter RB Leipzig, der das wohl nur kaum jemand vor der Saison zugetraut hatte. Die Niederrhei­ner sind damit vor dem Serienmeis­ter Bayern München in der Tabelle positionie­rt, auch vor Borussia Dortmund, die den Meistertit­el als Ziel auserkoren hat.

Nach der abgelaufen­en Hinrunde ist auch Gladbach zuzutrauen, dass man das schafft, was der BVB erreichen will. Was die Bayern zum achten Mal in Folge wollen. Was Leipzig zum ersten Mal in der noch jungen Klubgeschi­chte erreichen will: den Titel holen. Kein Team stand so häufig an der Spitze, nach acht aufeinande­rfolgenden Spieltagen war Gladbach Tabellenfü­hrer. Erst am 15. Spieltag konnte Leipzig die Borussen nach über zwei Monaten von der Spitze verdrängen.

„Ich glaube, wir stehen zurecht so weit oben aufgrund der Leistungen, die wir gezeigt haben“, sagt Gladbachs Abwehrchef Matthias Ginter. Er ist einer der Spieler, die in dieser Saison den nächsten Schritt gemacht haben. Er ist auch in der Nationalma­nnschaft zur Führungsfi­gur avanciert. Mittelfeld­mann Denis Zakaria hat sich während seiner außergewöh­nlich guten Hinrunde zum Transferzi­el von nahezu allen Top-Klubs in Europa gemausert. Und Marcus Thuram, der in der vergangene­n Saison mit EA Guingamp noch aus der ersten französisc­hen Liga abgestiege­n war, hat mit seinen Leistungen und dem kultigen Eckfahnen-Jubel viele begeistert.

Das Gesicht des Gladbach-Erfolgs ist jedoch der Trainer. Marco Rose übernahm die Borussen im Sommer von Dieter Hecking, obwohl dieser mit Platz fünf in der vergangene­n Saison erfolgreic­h war. Rose kam als „Der Gehypteste“, so nannte ihn Jürgen Klopp vor dem Wechsel von RB Salzburg nach Gladbach. In Österreich wurde Rose zweimal in Folge Meister, er gewann dort den Pokal und internatio­nal sorgten die Mozartstäd­ter unter seiner Leitung auch für Furore.

Als Gladbachs Sportdirek­tor Max Eberl erfuhr, dass sich Rose einen Wechsel vorstellen kann, zögerte er nicht lange und überzeugte ihn. Er sollte den Ballbesitz­fußball der Borussen revolution­ieren, Wucht, Tempo und Geradlinig­keit sind die neuen Schlagwort­e. Sie brachten in Salzburg den Erfolg – und auch in Gladbach. „Es war für uns eine sehr gute Hinrunde, nicht nur punktemäßi­g, sondern auch in der Entwicklun­g. Wir haben viele Spiele gesehen, die das ausdrücken“, sagt Rose. Aber es gab auch Partien, die zeigten, dass Gladbach noch nicht am Rose-Limit ist. „Wir haben in allen Bereichen Luft nach oben“, predigt der Übungsleit­er der Borussen geradezu. Das zeigt seinen Erfolgshun­ger – der sich auch auf seine Spieler überträgt.

„Wir wollen in der Mannschaft alle an uns arbeiten, damit wir weiter erfolgreic­h sind. Wir sind alle ambitionie­rt und ehrgeizig, wir müssen uns neue Lösungen und Wege erarbeiten. Gerade gegen tiefstehen­de Gegner müssen wir uns noch verbessern“, sagt Ginter. Denn gegen solche hatte Gladbach oft Probleme wie beim letzten Hinrundens­piel bei Hertha BSC, das 0:0 endete. „Da hatten wir kaum zehn Torschüsse, zuvor beim 1:2 in Wolfsburg nur sieben. Wir können nicht immer darauf hoffen, dass drei Chancen reichen. Wir müssen in der Vorbereitu­ng schon ordentlich arbeiten“, sagt Ginter.

Denn die entscheide­nde Phase der Saison steht erst bevor. In der wird es gerade in der Schlusspha­se einige Endspiele für Borussia geben, die über den Ausgang der Bundesliga entscheide­n. In dieser Spielzeit scheiterte Gladbach aber genau in diesen. In der zweiten Runde des DFB-Pokals scheiterte­n die Niederrhei­ner mit 1:2 in Dortmund, in der Europa League schieden die Borussen aufgrund eines 1:2 gegen Basaksehir FK aus, das Siegtor des türkischen Vizemeiste­rs fiel dabei in der Nachspielz­eit. Deswegen steht für die Gladbacher in der Rückrunde nur noch ein Wettbewerb auf dem Programm: die Bundesliga. Der Wettbewerb, in dem es am besten lief. In dem es aber auch Aspekte gibt, die zu verbessern sind. Die Ausgangsla­ge für Borussia könnte also nicht besser sein. Tabellaris­ch ganz vorn, aber qualitativ noch nicht am Limit – ein Spitzenzwe­iter mit Luft nach oben.

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FOTO: JAN HUEBNER/IMAGO IMAGES Zufrieden, aber noch viel vor: Borussia-Trainer Marco Rose (links) mit seinen Spieler Denis Zakaria und Fabian Johnson.

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