Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Kreuzfahrt ins Glück – das Traumschiff-Erfolgsrezept
Weihnachten und Neujahr ist „Traumschiff“-Zeit: Wenn es draußen stürmt und schneit, schippert der ZDF-Unterhaltungsdampfer durch seichte, badewannenwarme Gewässer vor sonnenverwöhnten Gestaden. Und das seit nunmehr 38 Jahren. Zum Erfolgsrezept der Film-Reihe gehört es, Wärme in deutsche Wohnzimmer zu transportieren, Fernwärme sozusagen, und zwar für Körper und Seele gleichermaßen.
Serien-Erfinder Wolfgang Rademann hat dieses Prinzip perfektioniert, und es funktioniert nahezu unverändert bis heute. „Das Traumschiff“verbindet exotische Kulisse mit alltäglichen Konflikten, die niemals ungelöst bleiben. Am Ende jeder Folge steht ein Neustart, und der Kapitän gibt seinen Segen. Ahoi, auf zum nächsten Horizont.
Natürlich ist das nicht ganz so einfach, wie es aussieht. Der Mix muss stimmen, in jeder Hinsicht. Bei der Exotik braucht es Augenmaß, weil das allzu Fremde eher verstörend wirkt als verlockend. Die Menschen sollten schön, der Himmel blau, das Wasser türkis sein. Und der nächste Cocktail, das nächste Gala-Dinner nicht weit. Alles andere wäre eine Enttäuschung. Auch die Geschichten folgen einem gewissen Kodex. Zwar geht es schon auch um Existentielles, um Familienkrisen und Krankheiten, Trennungen und Todesfälle, Irrungen und Wirrungen. Abgründe aber werden ausgespart, es geht nie hinab in die Niederungen, oder, um im maritimen Jargon zu bleiben, in den Maschinenraum des menschlichen Miteinanders. Kein Problem, das an Bord nicht durch Mitgefühl, Verständnis und Respekt gelöst und auf hoher See verklappt worden wäre.
Die Welt des „Traumschiffs“ist also gewissermaßen eine ideale, eben eine erträumte. Wer diese Planken gerade zum Jahresende entert, der will für 90 Minuten entführt werden in eine perfekte Version der eigenen, unzulänglichen Wirklichkeit, der will verlässlich eingeseift werden mit Fünf-Sterne-Wohlfühlschaum, der will keinerlei Überraschungen jedweder Art, abgesehen vielleicht von der Menüfolge des Kapitänsdinners.
Das „Traumschiff“ist so etwas wie eine schwimmende Moralanstalt, in der der Kapitän am Ende noch einmal alles einordnet, sozusagen den Kompass justiert für die Daheimgebliebenen, die auf dem Sofa mitreisen durften. Könnten die Deutschen diesen Kapitän statt eines Kanzlers wählen, sie würden es wohl tun. Sticht das „Traumschiff“doch jedes Mal mit dem Wissen in See, dass sich die Dinge zum Guten wenden. Es ist der immergleiche Kurs, der dieses TV-Schiff so erfolgreich macht, wider alle Realitäten: konsequent gen Hoffnung.