Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Ein Sternen-Blick in die Ewigkeit
Außerhalb von Hückeswagen befindet sich eine Außenstelle des Astronomischen Vereins Remscheid. Dort gibt es faszinierende Blicke ins Universum.
HÜCKESWAGEN Wer kennt nicht die Weihnachtsgeschichte in der Bibel, die mit den Worten beginnt: „Es begab sich aber zu der Zeit. . .“? Neben Maria, Josef, dem Jesuskind, Ochs, Esel und den drei Weisen aus dem Morgenland spielt in dieser Geschichte ein Stern eine ganz besondere Rolle. Der Stern über Bethlehem, auch in vielen Weihnachtsliedern besungen, soll Kaspar, Melchior und Balthasar seinerzeit nach Judäa, zur Krippe im Stall, geführt haben, wo sie den „König der Juden“als Baby vorgefunden hatten. Diese über Jahrhunderte tradierte Geschichte ist von der modernen Wissenschaft bis in ihre Einzelheiten zerlegt worden. Am historisch belegten Jesus von Nazareth gibt es schon lange keine Zweifel mehr. Was aber hat es mit jenem Stern – oder wie es im griechischen Urtext der Bibel heißt, jenen „Sternen, die voranzogen“– auf sich?
Peter Kalbitz ist zweiter Vorsitzender des Astronomischen Vereins Remscheid, der dort nicht nur die Dr.-Hans-Schäfer-Sternwarte im Bismarckturm betreibt, sondern auch im Außenbereich von Hückeswagen, zwischen Holte und Kaisersbusch, eine Außenstelle eingerichtet hat.
„Dort ist es einfach sehr schön dunkel, weil es weniger Lichtverschmutzung gibt als in der Innenstadt. Hier draußen erkennen wir zum Beispiel mühelos die Milchstraße, was in der Stadt praktisch nicht mehr möglich ist“, sagt der 61-Jährige.
Ein Standort für die Außenstelle wurde bereits 1984 gesucht, aber erst 1995 wurde das kleine Häuschen mit Kuppel eingeweiht. 2007 zerstörte der Orkan „Kyrill“die Kuppel, so dass das Gebäude zu einer Rolldachhütte umgebaut wurde. Herzstück der Außensternwarte,
„Hier draußen erkennen wir zum Beispiel mühelos die Milchstraße, was in der Stadt praktisch nicht mehr möglich ist“Peter Kalbitz Astronomischer Verein Remscheid
die nur von Vereinsmitgliedern benutzt werden darf, ist ein Spiegelteleskop der Firma Lomo aus St. Petersburg in Russland.
Der sogenannte Hypergraph funktioniert wie ein klassisches Linsenteleskop, der große Hauptspiegel hat einen Durchmesser von 400 Millimeter, der 3000-mal mehr Licht sammelt als ein weit geöffnetes Auge.
„Das heißt, dass wir damit auch Sterne beobachten können, die 3000-mal schwächer leuchten als die, die wir mit bloßem Auge erkennen können“, erläutert Kalbitz. Das wiederum bedeutet nichts anderes, als dass der Betrachter nicht nur einige Tausend, sondern viele Millionen Sterne am Himmel sehen kann – ein echter Blick in die Ewigkeit.
Seine Faszination für den Sternenhimmel ist durch Kalbitz’ damaligen Physiklehrer, jenen Dr. Hans Schäfer, nach dem die Sternwarte benannt wurde, geweckt worden. „Ich war einer seiner letzten Abiturienten am Leibniz-Gymnasium, bevor er in den Ruhestand ging“, sagt Kalbitz. Schäfer habe im Physikunterricht als einer der wenigen Lehrer Astronomie zum Thema gemacht. Ein Schlüsselerlebnis sei für den jungen Kalbitz ein Urlaub in Südfrankreich gewesen. „Das war 1980, zwei Jahre nach dem Abitur. Da gab es auch sehr wenig Lichtverschmutzung, der Sternenhimmel war großartig zu sehen. Das hat uns mit unseren kleinen astronomischen Grundkenntnissen den letzten Kick gegeben, dabeizubleiben“, sagt der 61-Jährige.
Das Rätsel des Weihnachtssterns beschäftigt auch den Hobby-Astronom. „Die Vorstellung des Kometen mit einem auffälligen Schweif hat die Menschen über viele Jahrhunderte nicht losgelassen, sagt der Informatiker. „Astronomisch gesehen hat man jedoch keinerlei Hinweise auf einen solchen Kometen zur Zeit von Jesu Geburt feststellen können.“
Nach heutigem Stand gilt das, was im griechischen Urtext steht als Hintergrund des Weihnachtssterns.
„Dort ist die Rede von Sternen, die voranzogen. Dabei könnte es sich um eine Konjunktion handeln, also das scheinbare Zusammentreten heller Planeten“, sagt der 61-Jährige. Im Fall der Weihnachtsgeschichte dürfte das die Konjunktion von Jupiter und Saturn im Jahr sieben vor unserer Zeitrechnung gewesen sein. „Die babylonischen Astronomen rechneten das Sternbild Fische der Region Judäa zu“, sagt Kalbitz. Und auch die Hinweise auf die Geburt eines neuen jüdischen Königs könne man daraus herleiten: „Jupiter galt damals als Königsstern, während Saturn für die Region Judäa stand“, erläutert der Hobby-Astronom.
Bleibt das Problem, dass die Konjunktion sieben Jahre vor der überlieferten Geburt Jesu stattgefunden hat. „Das ist mit den Quellen zu erklären. Der christliche Kalender wurde erst im 6. Jahrhundert durch den Mönch Dionysius Exiguus berechnet. Das Geburtsjahr Jesu wurde durch die Ungenauigkeit dieser Quellen also vermutlich sieben Jahre vor dem heute gültigen Datum berechnet“, sagt Kalbitz. Eigentlich ist es aber schön, dass um Jesu Geburt doch noch das eine oder andere Geheimnis geblieben ist. . . www.sternwarte-remscheid.de