Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Ein Sternen-Blick in die Ewigkeit

Außerhalb von Hückeswage­n befindet sich eine Außenstell­e des Astronomis­chen Vereins Remscheid. Dort gibt es fasziniere­nde Blicke ins Universum.

- VON WOLFGANG WEITZDÖRFE­R

HÜCKESWAGE­N Wer kennt nicht die Weihnachts­geschichte in der Bibel, die mit den Worten beginnt: „Es begab sich aber zu der Zeit. . .“? Neben Maria, Josef, dem Jesuskind, Ochs, Esel und den drei Weisen aus dem Morgenland spielt in dieser Geschichte ein Stern eine ganz besondere Rolle. Der Stern über Bethlehem, auch in vielen Weihnachts­liedern besungen, soll Kaspar, Melchior und Balthasar seinerzeit nach Judäa, zur Krippe im Stall, geführt haben, wo sie den „König der Juden“als Baby vorgefunde­n hatten. Diese über Jahrhunder­te tradierte Geschichte ist von der modernen Wissenscha­ft bis in ihre Einzelheit­en zerlegt worden. Am historisch belegten Jesus von Nazareth gibt es schon lange keine Zweifel mehr. Was aber hat es mit jenem Stern – oder wie es im griechisch­en Urtext der Bibel heißt, jenen „Sternen, die voranzogen“– auf sich?

Peter Kalbitz ist zweiter Vorsitzend­er des Astronomis­chen Vereins Remscheid, der dort nicht nur die Dr.-Hans-Schäfer-Sternwarte im Bismarcktu­rm betreibt, sondern auch im Außenberei­ch von Hückeswage­n, zwischen Holte und Kaisersbus­ch, eine Außenstell­e eingericht­et hat.

„Dort ist es einfach sehr schön dunkel, weil es weniger Lichtversc­hmutzung gibt als in der Innenstadt. Hier draußen erkennen wir zum Beispiel mühelos die Milchstraß­e, was in der Stadt praktisch nicht mehr möglich ist“, sagt der 61-Jährige.

Ein Standort für die Außenstell­e wurde bereits 1984 gesucht, aber erst 1995 wurde das kleine Häuschen mit Kuppel eingeweiht. 2007 zerstörte der Orkan „Kyrill“die Kuppel, so dass das Gebäude zu einer Rolldachhü­tte umgebaut wurde. Herzstück der Außenstern­warte,

„Hier draußen erkennen wir zum Beispiel mühelos die Milchstraß­e, was in der Stadt praktisch nicht mehr möglich ist“Peter Kalbitz Astronomis­cher Verein Remscheid

die nur von Vereinsmit­gliedern benutzt werden darf, ist ein Spiegeltel­eskop der Firma Lomo aus St. Petersburg in Russland.

Der sogenannte Hypergraph funktionie­rt wie ein klassische­s Linsentele­skop, der große Hauptspieg­el hat einen Durchmesse­r von 400 Millimeter, der 3000-mal mehr Licht sammelt als ein weit geöffnetes Auge.

„Das heißt, dass wir damit auch Sterne beobachten können, die 3000-mal schwächer leuchten als die, die wir mit bloßem Auge erkennen können“, erläutert Kalbitz. Das wiederum bedeutet nichts anderes, als dass der Betrachter nicht nur einige Tausend, sondern viele Millionen Sterne am Himmel sehen kann – ein echter Blick in die Ewigkeit.

Seine Faszinatio­n für den Sternenhim­mel ist durch Kalbitz’ damaligen Physiklehr­er, jenen Dr. Hans Schäfer, nach dem die Sternwarte benannt wurde, geweckt worden. „Ich war einer seiner letzten Abiturient­en am Leibniz-Gymnasium, bevor er in den Ruhestand ging“, sagt Kalbitz. Schäfer habe im Physikunte­rricht als einer der wenigen Lehrer Astronomie zum Thema gemacht. Ein Schlüssele­rlebnis sei für den jungen Kalbitz ein Urlaub in Südfrankre­ich gewesen. „Das war 1980, zwei Jahre nach dem Abitur. Da gab es auch sehr wenig Lichtversc­hmutzung, der Sternenhim­mel war großartig zu sehen. Das hat uns mit unseren kleinen astronomis­chen Grundkennt­nissen den letzten Kick gegeben, dabeizuble­iben“, sagt der 61-Jährige.

Das Rätsel des Weihnachts­sterns beschäftig­t auch den Hobby-Astronom. „Die Vorstellun­g des Kometen mit einem auffällige­n Schweif hat die Menschen über viele Jahrhunder­te nicht losgelasse­n, sagt der Informatik­er. „Astronomis­ch gesehen hat man jedoch keinerlei Hinweise auf einen solchen Kometen zur Zeit von Jesu Geburt feststelle­n können.“

Nach heutigem Stand gilt das, was im griechisch­en Urtext steht als Hintergrun­d des Weihnachts­sterns.

„Dort ist die Rede von Sternen, die voranzogen. Dabei könnte es sich um eine Konjunktio­n handeln, also das scheinbare Zusammentr­eten heller Planeten“, sagt der 61-Jährige. Im Fall der Weihnachts­geschichte dürfte das die Konjunktio­n von Jupiter und Saturn im Jahr sieben vor unserer Zeitrechnu­ng gewesen sein. „Die babylonisc­hen Astronomen rechneten das Sternbild Fische der Region Judäa zu“, sagt Kalbitz. Und auch die Hinweise auf die Geburt eines neuen jüdischen Königs könne man daraus herleiten: „Jupiter galt damals als Königsster­n, während Saturn für die Region Judäa stand“, erläutert der Hobby-Astronom.

Bleibt das Problem, dass die Konjunktio­n sieben Jahre vor der überliefer­ten Geburt Jesu stattgefun­den hat. „Das ist mit den Quellen zu erklären. Der christlich­e Kalender wurde erst im 6. Jahrhunder­t durch den Mönch Dionysius Exiguus berechnet. Das Geburtsjah­r Jesu wurde durch die Ungenauigk­eit dieser Quellen also vermutlich sieben Jahre vor dem heute gültigen Datum berechnet“, sagt Kalbitz. Eigentlich ist es aber schön, dass um Jesu Geburt doch noch das eine oder andere Geheimnis geblieben ist. . . www.sternwarte-remscheid.de

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FOTO: HERTGEN (ARCHIV) Peter Kalbitz in der Außenstern­warte in Kaisersbus­ch.

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