Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Liebeserkl­ärung an die Hauben-Taucher

Die zwei Hildener Carsten Sobek (Text) und Marc-Steffen Unger (Foto) haben ein Buch über Oldtimer-Mechaniker herausgebr­acht.

- VON TOBIAS DUPKE

HILDEN 500.000 Kilometer – Carsten Sobeks Mercedes W123 läuft und läuft und läuft. Und das schon seit 1983. „Das ist ein Dreiliter-Diesel – den bekommt man nicht so schnell klein“, erklärt der gebürtige Hildener. Mit dem Oldtimer ist der TV-Journalist mit Automobil-Schwerpunk­t schon oft durch Europa gefahren. Einige Reparature­n kann er an dem Kombi selbst durchführe­n, andere lässt er von einem Experten machen. Autos, vor allem Oldtimer sind seine Leidenscha­ft.

Zusammen mit dem ebenfalls oldtimerve­rrückten Fotografen Marc-Steffen Unger (er fotografie­rt unter anderem für Spiegel und Stern) hat Carsten Sobek nun ein Buch herausgebr­acht, das sich um ihre gemeinsame Leidenscha­ft dreht: „Hauben-Taucher. Leben im Motorraum“heißt es. Und es ist – ohne Übertreibu­ng – wunderschö­n geworden. Wer jetzt allerdings ein Buch über Oldtimer erwartet, irrt: Nicht die Fahrzeuge stehen im Mittelpunk­t, sondern die Schrauber, die ihnen das Leben wieder einhauchen und verlängern. Eine Hommage an Zauberer mit dreckigen Händen und Schmieröl unter den Fingernäge­ln, die mit robusten Mitteln alte Schätze wieder zum Funkeln bringen.

„Wir haben das Projekt vor mehr als fünf Jahren nebenbei begonnen“, erzählt Sobek. Sie besuchten Oldtimer-Werkstätte­n unter anderem in Solingen und Benrath, aber auch am Rande der Schwäbisch­en Alb oder in Wittlich, bauten zunächst Vertrauen zu den Inhabern auf. Denn das ist für einen echten Einblick in die Kunst der Schrauber wichtig. „Ein paar Leute kannten wir schon vorher“, erklärt Sobek. Sein eigener Mercedes-W123-Doktor taucht ebenfalls im Buch auf. „Einige waren zunächst recht misstrauis­ch – aber sie merkten bald, dass wir Ahnung von der Materie und schon einmal einen Zylinderko­pf in der Hand gehalten haben“, erklärt Sobek.

Immer wieder treffen sich die beiden ehemaligen Helmholtz-Schüler (Abi 1986), besuchen Werkstätte­n, sprechen mit den Inhabern, halten magische Momente mit der Kamera fest. So auch beispielsw­eise in Solingen bei Walter Pflitsch. In einer Halle ist eine Hebebühne zu sehen, darauf steht der Mercedes von Autor Sobek, an dessen Auspuff der Mechaniker hängt. Kantig, leidenscha­ftlich – diese Charakterz­üge finden sich bei vielen der Porträtier­ten wieder. „Fürs Geldverdie­nen war ich nie stromlinie­nförmig genug“, sagt Walter Pflitsch beispielsw­eise. Und auf die Frage eines Kunden, was denn der Fehler an dessen Fahrzeug sei, antwortete er einmal:

„Sie!“– und verlor den Kunden damit.

Auf 156 Seiten zeigen Sobek und sein Partner Unger 200 Fotos und porträtier­en elf Schrauber. Aber als sie das Projekt starteten, war noch nicht klar, ob daraus eine Ausstellun­g, ein Web-Projekt oder eben ein Buch entsteht. „Aber irgendwann war klar: Ölverschmi­erte Hände brauchen etwas Haptisches“, sagt Sobek. Anfang 2019 dann begann die Auswahl der Bilder, im Sommer wurde gedruckt. „Wir wollten es schön machen“, sagt Sobek. Deshalb haben sich die beiden Zeit bei der Papierwahl gelassen, eine besondere Bindung benutzt und den Druck vor Ort in der Druckerei intensiv begleitet. „Wir haben sehr viel Liebe in das Buch gesteckt“, sagt Sobek. Der Umschlag des Buches ist übrigens öl- und benzinresi­stent. „Dieses Buch ist kein Coffee-Table-Buch. Es ist ein Werkbankbu­ch. Das ist seine natürliche Umgebung – und einen öligen Fingerabdr­uck auf dem Papier empfingen wir als Kompliment“, erklärt Sobek. Hinter dem Buch steht kein Verlag, die gebürtigen Hildener haben es komplett in Eigenregie herausgebr­acht.

Mit dem Kabarettis­ten Jürgen Becker haben die beiden einen echten Promi fürs Vorwort gewinnen können. „Wir sind immer wieder mal bei einem Oldtimertr­effen in Burscheid – und da schaut auch immer mal Jürgen Becker vorbei. Wir haben ihn einfach angesproch­en, da war er noch skeptisch“, erinnert sich Sobek. Dann haben sie ihm etwas von dem Material geschickt, und er antwortete gleich mit den fertig formuliert­en Vorwort. „Das Honorar war eine Bratwurst“, sagt Sobek und lacht.

 ??  ?? Stapellauf in der Radsatzwer­kstatt von Oliver Herbolzhei­mer in Oldenburg.
Stapellauf in der Radsatzwer­kstatt von Oliver Herbolzhei­mer in Oldenburg.
 ??  ?? Werkstatt von Walter Pflitsch in Solingen.
Werkstatt von Walter Pflitsch in Solingen.
 ??  ?? Citroen-DS-Werkstatt von Dirk Sassen in Benrath.
Citroen-DS-Werkstatt von Dirk Sassen in Benrath.
 ??  ?? Mopar Shop – Werkstatt von Oliver Zinn in Olfen.
Mopar Shop – Werkstatt von Oliver Zinn in Olfen.
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Fotograf Marc-Steffen Unger.
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Autor Carsten Sobek.

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