Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Gibt es eine Pflicht zu regieren?
Die SPD muss sich mit der Frage auseinandersetzen, ob das Regieren für sie in der jetzigen Konstellation noch sinnvoll ist. Ob eine solche Frage überhaupt zulässig ist, daran scheiden sich aber die Geister.
Etwas mehr als zwei Jahre ist es her, dass FDP-Parteichef Christian Lindner mit diesem Satz die Gespräche zur Bildung einer Jamaika-Koalition abbrach: „Es ist besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren.“Es folgte ein Sturm der Entrüstung – und eine große Koalition, die von Beginn an niemand wirklich wollte. Die SPD wurde von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mehr oder weniger an die Macht gedrängt. Die Argumente
Lindners und auch des damaligen SPD-Chefs Martin Schulz: Lieber auf das Mitgestalten verzichten, als sein politisches Profil in einer Regierung zu verwässern, von der man nicht überzeugt ist.
Zwei Jahre später kämpft die SPD gegen den Absturz in die Bedeutungslosigkeit. Viele Wähler wissen nicht mehr, wofür die Partei steht – auch deshalb, so sehen es viele Mitglieder, weil die Regierung eine Politik macht, in der inhaltlich nicht genug SPD steckt. Dann, so denken viele, lieber gar nicht regieren. So forderte auch die neue SPD-Chefin Saskia Esken vor ihrer Wahl das Groko-Aus. Aber darf sich eine Partei, zumal wenn sie sich als Volkspartei sieht, dieser Verantwortung entziehen? Hintergeht sie ihre Wähler, die ihr auch deswegen ihre Stimme gaben, damit die Partei in ihrem Namen regieren kann? Nicht umsonst reden Politiker an Wahlabenden gerne floskelhaft von einem
„Auftrag der Wähler“. Muss eine Partei die Interessen des Landes immer über ihre eigenen stellen? Oder ist es Unsinn, nur um des Regieren willens zu regieren? Wir haben vier Wissenschaftler aus verschiedenen Bereichen gefragt.
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