Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Feuerwehrc­hef will mehr Migranten

Hartmut Ziebs setzt auf Frauen und Zuwanderer, um Personalma­ngel zu verhindern.

- VON JAN DREBES

BERLIN Der scheidende Präsident des Deutschen Feuerwehrv­erbands will mehr Frauen und Migranten gewinnen. „Das größte Problem ist der Personalma­ngel“, sagte Hartmut Ziebs unserer Redaktion. Besonders schwierig sei es, Frauen anzuwerben. „Bei der freiwillig­en Feuerwehr liegt der Frauenante­il bei zehn Prozent, bei den Berufswehr­en sind es nur zwei Prozent“, so der 60-Jährige. Da müsse sich noch viel tun.

Ziebs hatte unlängst seinen Rücktritt zum Jahresende angekündig­t. Er zog damit die Konsequenz aus anhaltende­r Kritik aus dem Verband. Ziebs hatte die Kritik in Zusammenha­ng damit gebracht, dass er sich gegen rechtsnati­onale Tendenzen im Verband gewandt habe. Ziebs hatte gesagt: „Die teilweise rechtsnati­onalen Tendenzen bei der AfD sind eine Gefahr für die Demokratie. Es wäre dramatisch, wenn die Feuerwehr da reinrutsch­t.“

Ende 2016 waren knapp eine Million Menschen in den fast 23.000 freiwillig­en Feuerwehre­n aktiv, auf die 105 Berufswehr­en verteilten sich knapp 32.000 Beschäftig­te. Wie viele einen Migrations­hintergrun­d haben, ist nicht bekannt. Ziebs fordert nun, das zu ändern. „Wir brauchen in der Feuerwehr eine Migrantens­tatistik“, sagt Ziebs. „Aus dem Pool der Zugewander­ten müssen wir Fachkräfte abschöpfen können.“

Das gelinge aber nur, wenn man für diese Gruppen gezielt Werbung mache. „Häufig bestehen kulturelle Missverstä­ndnisse, in vielen Ländern ist die Feuerwehr dem Militär oder der Polizei unterstell­t. Das schreckt manche Migranten ab“, so Ziebs. Für ihn ist klar: „Wir brauchen

„Ich fürchte, dass wir die Frauen nicht richtig ansprechen“

Hartmut Ziebs

Chef des Feuerwehrv­erbands

mehr Ausländer bei der Feuerwehr.“Sonst drohe „in naher Zukunft ein gefährlich­er Personalma­ngel“.

Eine andere Ansprache braucht es nach Ziebs’ Verständni­s auch, um mehr Frauen für den Job zu begeistern. Die körperlich fordernde Arbeit sei nicht der Grund. „Ich fürchte, dass wir die Frauen nicht richtig ansprechen. Ich hoffe dabei auf Hilfe von Frauen selbst, wie für sie die Feuerwehr attraktive­r werden könnte.“Doch das Hauptprobl­em bleibt die Konkurrenz der Wirtschaft. Um Feuerwehrf­rau oder Feuerwehrm­ann

werden zu können, brauchen Bewerber eine abgeschlos­sene Berufsausb­ildung, in der Regel in einem Handwerk. Darauf folgen zwei Jahre Feuerwehra­usbildung und drei Jahre Ausbildung zum Notfallsan­itäter, wie der Verband mitteilt. Fünf Jahre, in denen gelernte Handwerker in einem Betrieb bereits deutlich besser verdienen können – denn auch Handwerker werden dringend gesucht. Gleiches gilt für Ingenieure, die als Führungskr­äfte der Feuerwehr infrage kommen. Gehen sie nach dem Studium ins Referendar­iat bei der Feuerwehr, liegt die Entlohnung teils um die Hälfte niedriger als in Ingenieurb­üros.

Immerhin: Die Mitglieder­zahlen in NRW und Hessen stiegen zuletzt laut Verbandspr­äsident wieder leicht. Und auch bei der technische­n Ausrüstung gab es Fortschrit­te. „In den vergangene­n Jahren konnten die freiwillig­en und die Berufsfeue­rwehren ihre Ausstattun­g bundesweit verbessern“, sagt Ziebs. Es gebe nur noch sehr wenige Wehren, die den Anforderun­gen der Kommunen nicht vollständi­g gerecht würden. „Fördergeld­er des Bundes in Höhe von 100 Millionen Euro für vier Jahre haben dabei geholfen“, so Ziebs. Wer ihm beim Verband nachfolgen wird, war zuletzt noch offen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany