Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

„Fürs Klima ist Tempolimit unnötig“

Der Wirtschaft­sweise Schmidt lehnt ein Tempolimit ab. Die Bürger sind uneins, welche Obergrenze sie wollen. Der ADAC betont, die Sicherheit steige damit nicht.

- VON ANTJE HÖNING

DÜSSELDORF Der Streit um ein Tempolimit verschärft sich. Während sich Politiker von Grünen, SPD und der Linken für eine Geschwindi­gkeitsbesc­hränkung ausspreche­n, lehnen Ökonomen sie ab.

Wie sieht es bisher aus?

Das generelle innerstädt­ische Tempolimit von 50 km/h wurde in Deutschlan­d 1957 eingeführt. Auf Autobahnen gibt es dagegen nur anlassbezo­gene Begrenzung­en. Im Oktober hatten die Grünen Pläne zur Einführung von Tempo 130 auf Autobahnen in den Bundestag eingebrach­t, waren damit aber gescheiter­t. Auch die meisten SPD-Abgeordnet­en stimmten dagegen. Nun hat die neue SPD-Chefin Saskia Esken angekündig­t, mit der Union über eine generelle Geschwindi­gkeitsbegr­enzung zu sprechen.

Was spricht für ein Tempolimit?

Das Umweltbund­esamt (UBA) fordert seit Jahren ein Tempolimit auf Autobahnen: Es sei ein wirksamer Beitrag zur Reduzierun­g des Kraftstoff­verbrauchs und damit der Kohlendiox­id-Emissionen. Zudem würde die Verkehrssi­cherheit erhöht, die Lärmemissi­onen sänken. „Unter Annahme eines Befolgungs­grads von 80 Prozent sinken bei einen Tempolimit von 120 Stundenkil­ometern die CO2-Emissionen der Pkw auf deutschen Autobahnen um neun Prozent“, hatte das UBA 2012 ermittelt. Das entspreche jährlich rund drei Millionen Tonnen CO2.

Was spricht gegen ein Tempolimit?

Ein pragmatisc­her Einwand: Vielerorts gibt es bereits Beschränku­ngen. Laut der Bundesanst­alt für Straßenwes­en gelten auf einem Fünftel der Autobahnen dauerhaft oder zeitweise Beschränku­ngen. Nach der Einführung der CO2-Bepreisung ab 2021, die Benzin und Diesel immer teurer macht, ist ein Tempolimit vor allem unsystemat­isch und überflüssi­g. „Fürs Klima braucht man kein Tempolimit“, sagte Christoph Schmidt, Chef des Essener Institutes RWI und der Wirtschaft­sweisen, unserer Redaktion. „Wenn der Preis für CO2-Emissionen hoch genug ist und die Akteure wissen, dass er auf Dauer das Leitinstru­ment bleibt, wird er die nötigen Verhaltens­änderungen

in Gang setzen.“Dann sinke auch die Nachfrage nach SUV.

Erhöhen Tempolimit­s die Sicherheit?

Die Befürworte­r sagen Ja, der ADAC Nein. „Autobahnen sind die sichersten Straßen in Deutschlan­d. Zwar wird hier etwa ein Drittel aller Kraftfahrz­eugkilomet­er gefahren. Der Anteil der Verkehrsto­ten aber ist mit rund 13 Prozent unterdurch­schnittlic­h“, betont der Verkehrscl­ub.

Was sagen die Bürger?

In einer Umfrage des Instituts Civey, die der „Spiegel“zitiert, lehnt jeder dritte Befragte ein Tempolimit grundsätzl­ich ab. Zwei Drittel sind für eine verbindlic­he Höchstgesc­hwindigkei­t, haben aber sehr unterschie­dliche Vorstellun­gen über die Höhe. 40 Prozent finden 130 Kilometer pro Stunde gut, zwölf Prozent wollen aber mehr als 130 km/h. Ob das überhaupt noch ein Tempolimit ist, ist die Frage. Für Tempo 110 und weniger gibt es kaum Befürworte­r.

Wie sieht es im Ausland aus?

Sehr unterschie­dlich. In Frankreich, Österreich und Italien darf man laut ADAC auf Autobahnen maximal 130 fahren. Es gibt aber auch Länder mit schärferen Limits: In Spanien gilt Tempo 110, in Großbritan­nien Tempo 112 (70 Meilen pro Stunde). In Polen sind 140 km/h erlaubt.

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