Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Landwirte wollen mehr Getreide anbauen
Feldlerche und Kiebitz gibt es im Bergischen so gut wie kaum noch. Deshalb haben Naturschützer und Landwirte ein bundesweit einmaliges Flächenprogramm gestartet.
„So ist die Feldlerche bei uns akut vom Aussterben bedroht“
Biologische Station Oberberg auf ihrer Internetseite
HÜCKESWAGEN Bei einem gemütlichen Spaziergang durch die oberbergische Landschaft entdeckt der aufmerksame Betrachter ganz viele verschiedene Blumen, Pflanzen und Tierarten – nur ganz sicher nicht oder nur höchst selten zum Beispiel eine Feldlerche. Die wurde 2019 zum Vogel des Jahres gewählt und zählt bundesweit zu den besonders geschützten Arten, eben weil es sie nur noch so selten gibt. Mit der Wahl sollte nach Angaben der Biologischen Station Oberberg (BSO) auf den fortschreitenden Strukturverlust in unserer Kulturlandschaft und dem damit einhergehenden kontinuierlichen Rückgang der Feldlerchenpopulation in Deutschland hingewiesen werden.
Und es soll sich künftig auch etwas verändern. Denn der Rückgang einiger Vogelarten im Bergischen hängt eng damit zusammen, dass die Zahl der Ackerflächen im Vergleich zu 1960 im ganzen Bergischen Land zugunsten der Grünlandwirtschaft stark zurückgegangen ist. „So ist die Feldlerche bei uns akut vom Aussterben bedroht“, warnt die BSO auf ihrer Internetseite. Deshalb haben sich Partner und Unterstützer Gedanken um die Vielfalt der bergischen Landwirtschaft gemacht und ein Konzept erarbeitet, um gezielt mehr Getreideflächen anzulegen. So könnte die Feldlerche in Zukunft ihr Nest wieder vorzugsweise in lichten Getreideäckern mit ausreichend Ackerwildkräutern bauen. Zugleich gäbe es dann auch wieder genügend Insekten, um die Jungen zu füttern.
Und was ist der konkrete Plan, um diese Ziele zu erreichen? In begrenztem Umfang sollen artenarme intensiv genutzte Grünlandflächen in Ackerflächen mit Getreideanbau umgewandelt werden. Diese können bei der Biologischen Station von Bewirtschaftern gemeldet werden. Anschließend erfolgt eine naturschutzfachliche Prüfung durch Vertreter der Landwirtschaft und des Naturschutzes, die schauen, ob die vorgeschlagene Fläche auch tatsächlich geeignet ist. Außerdem muss ein Antrag gestellt werden, der den Landwirt zeitlich befristet davon befreit, sein Grünland anderweitig nutzen zu dürfen. Weitere Anforderung: Die umgewandelte Ackerfläche sowie eine weitere gleich große Ackerfläche müssen mindestens in einer dreigliedrigen Fruchtfolge bewirtschaftet werden. Individuell können darüber hinaus weitere Maßnahmen mit dem Landwirt besprochen werden, wie zum Beispiel das Ackerrandstreifen-Programm.
Nach Angaben von Olaf Schriever von der BSO sollen in den kommenden Jahren im Rheinisch-Bergischen und im Oberbergischen Kreis etwa 50 Hektar Grünland umgewandelt werden. Nachdem die beiden Kreisbauernschaften einen Aufruf an die Landwirte gestartet hatten, meldeten sich knapp 40 Interessenten an dem neuen Flächenprogramm. Die ersten Flächen wurden bereits im Oktober begutachtet – Ergebnis: Sechs Betriebe im Oberbergischen Kreis mit 21 Hektar sind geeignet: Die Flächen liegen in Reichshof, Morsbach und Nümbrecht sowie in Radevormwald, Hückeswagen und Wipperfürth. Der Rheinisch-Bergische Kreis ist mit vier Betrieben und 14 Hektar dabei.
Olaf Schriever erläutert, dass die Verhandlungen auch mit den Hückeswagener
Landwirten derzeit laufen, deshalb könne er noch keine Details zu den Flächen nennen. „Es geht jetzt darum, dass die Fruchtfolge von der grundsätzlichen Planung für die nächsten zehn Jahre festgelegt wird“, sagt er. Es sei sehr erfreulich, dass die Flächen in Hückeswagen und Rade geeignet seien
und in das Kriterienprofil passen. Hierzu zählt auch, dass die Äcker nicht direkt an einen Wald grenzen. „Und sie müssen auf einer Höhe liegen. Da ist es windiger und luftiger, was gerade für die Feldlerche, aber auch den Kiebitz beste Voraussetzungen sind“, erläutert Schriever. Vögel bräuchten den Aufwind, aber auch eine trockene Umgebung. „Wo der Wind durchgeht und wo Kuppen sind, finden die Vögel einen gute Umgebung“, sagt der Fachmann von der Biologischen
Station. In Radevormwald sei die Feldlerche übrigens in den vergangenen fünf Jahren noch gesichtet worden, was dafür spreche, dass sich dieser Vogel hier auch wieder ansiedeln könnte, wenn er denn die entsprechenden Lebensbedingungen vorfindet.
Ein Betrieb in Reichshof wird wohl die Vorreiterrolle in Oberberg übernehmen. Für den Landwirt dort liegt der genehmigungspflichtige Vertrag bereits beim Kreis. Schriever rechnet damit, dass die Umwandlung der Fläche im Februar oder März beginnen kann. „Bei allen anderen Betrieben auch aus Hückeswagen und Radevormwald geht es noch um Detailfragen“, sagt er. Dann könne aber auch dort die Fläche umgebrochen, das heißt, gepflügt und vorbereitet werden.