Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Ausufernd, aber gut gespielt
Da wird manches Mitglied eines Gesangsvereins ein Tränchen verdrückt haben: Junge Männer stimmten Volkslieder wie „Horch was kommt von draußen rein“an. Was in der ARD-Premiere „Der Club der singenden Metzger“(Vortag, 20.15 Uhr) zu sehen war, ist auf Konzertbühnen selten geworden; Chöre haben Nachwuchssorgen. Doch um dieses Problem drehte sich der dreistündige Historienfilm nicht. Große Themen wie Kriegstrauma, Auswanderung, Neuanfang, Heimat, Liebe und Verantwortung wurden behandelt. Da verkam der Chor zur Nebensache. Dabei hätten die Metzger ein paar treffende moderne Lieder singen können. Zum Beispiel BAPs „Amerika“, das vom vermeintlichen Paradies erzählt. Die Erlebnisse des auswandernden Fidelis Waldvogel ( Jonas Nay) zeigten, dass in den USA schon in den 20ern nicht alles rosig war. Uli Edel inszenierte gewohnt routiniert die Adaption des US-Romans, die weniger durch Schauwerte als seine ausufernde Handlung überzeugte. Nay machte dabei seine Sache ordentlich. Zwar nahm man ihm den traumatisierten Soldaten nicht ab, spätestens als seine Figur die strenggläubige Tante aus dem Haus schmiss, zeigte er sein ganzes Können. Und Aylin Tezel überzeugte als Zirkusartistin Delphine, die ihren Platz an Fidelis’ Seite fand, einmal mehr mit Mimik- und Körpereinsatz. Gerade der Epilog unterstrich ihren besonderen Stellenwert für die Geschichte. Letztlich blieb dennoch ein unangestimmtes Lied im Ohr: Grönemeyers „Heimat“, in dem dieser erklärte, Heimat sei „kein Ort“, sondern „ein Gefühl“.