Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Der Judenhass in den USA wächst

Der Angriff auf eine jüdische Feier löst weltweit Empörung aus. Manche sehen eine „Antisemiti­smus-Krise“– und einen Mitschuldi­gen.

- VON CHRISTINA HORSTEN UND SARA LEMEL

NEW YORK (dpa) Nur rund 20.000 Einwohner hat das unscheinba­re Örtchen nördlich der Millionenm­etropole New York, aber eine blutige Chanukka-Attacke hat Monsey auf die politische Landkarte katapultie­rt. Als schrecklic­h bezeichnet­e US-Präsident Donald Trump den Messerangr­iff im Haus eines Rabbis in Monsey in der Nacht zum Sonntag mit fünf Verletzten. „Widerlich“, kommentier­te sein Außenminis­ter Mike Pompeo. Auch der Sonderbeau­ftragte der UN-Allianz der Zivilisati­onen, Miguel Moratinos, schaltete sich ein und verurteilt­e den Angriff scharf.

New Yorks Gouverneur Andrew Cuomo plädierte dafür, den Vorfall als „innerstaat­lichen Terrorismu­s“zu werten, und der Bürgermeis­ter der Millionenm­etropole, Bill de Blasio, sprach sogar von einer „Antisemiti­smus-Krise in den USA“: „Was wir sehen, ist ein wachsender Antisemiti­smus in diesem Land, der zutiefst gefährlich ist.“

Der Täter von Monsey, ein 38 Jahre alter Mann, konnte festgenomm­en werden. Er muss sich nun wegen fünffachen versuchten Mordes und Einbruchs verantwort­en und plädierte zunächst auf nicht schuldig. Nach Angaben von Familienmi­tgliedern und seines Anwalts hat er immer wieder mit psychische­n Krankheite­n gekämpft, sich aber bislang nicht öffentlich antisemiti­sch gezeigt. Vier der Verletzten konnten bis zum Montag wieder aus dem Krankenhau­s entlassen werden, einer wurde mit einer Kopfverlet­zung weiter behandelt.

Der Angriff von Monsey hat wohl auch deshalb so viele entsetzte Reaktionen hervorgeru­fen, weil sich diese Art Attacken in den vergangene­n Wochen im Großraum New York häuften: Während des mehrtägige­n jüdischen Lichterfes­ts Chanukka hatte es mindestens fünf offensicht­lich antisemiti­sch motivierte Angriffe in der Millionenm­etropole gegeben. Im Nachbarbun­desstaat New Jersey waren bei einem Angriff auf einen jüdischen Laden vor wenigen

Wochen neben den beiden Attentäter­n drei Zivilisten und ein Polizist getötet worden.

In Monsey ist rund ein Drittel der Einwohner jüdischen Glaubens. Und in keiner Stadt der Welt leben mehr Juden als in New York, die Zahl wird auf weit über eine Million geschätzt. Viele Israelis sehen die Metropole daher als „jüdische Stadt“und zweite Heimat – deshalb sind antisemiti­sche Übergriffe dort besonders schmerzhaf­t. „Ich glaube, wir müssen uns der Realität bewusst werden“, sagte die Jüdin Shoshana Bernstein aus Monsey dem Magazin „The Atlantic“; „Als Juden in New York sind wir nicht sicher.“

Die Zahl der antisemiti­schen Übergriffe in den USA war nach Angaben der Anti-Defamation League, die sich gegen Diskrimini­erung von Juden einsetzt, seit 2001 stetig gesunken – steige aber seit 2014 wieder an. Beim bislang schlimmste­n Angriff hatte im Oktober 2018 ein

Mann elf Gläubige in einer Synagoge in Pittsburgh erschossen.

In einem Einwandere­rland wie den USA gibt es vielerorts immer wieder religiös-kulturelle Spannungen, gerade in einer Stadt wie New York, wo Menschen verschiede­nster Herkunft so dicht beieinande­r leben. Dass sich diese Spannungen nun aber häufiger in Hass und brutalen Attacken entladen, dafür machen manche Menschen auch US-Präsident Trump mitverantw­ortlich.

„Eine Atmosphäre des Hasses hat sich in diesem Land in den letzten paar Jahren entwickelt“, sagt der demokratis­che New Yorker Bürgermeis­ter De Blasio. „Viel davon kommt aus Washington und hat große Auswirkung­en.“

In Israel wird die Entwicklun­g mit großer Sorge beobachtet. „Wir werden es dem Antisemiti­smus nicht erlauben, sein Haupt zu erheben, und wir werden alles tun, um die antisemiti­sche Welle zu stoppen, die New York in den letzten Monaten überspült hat“, sagte der israelisch­e Generalkon­sul in New York, Dani Dayan, bei einem Besuch in Monsey. Der Vorfall werde trotz der geografisc­hen Entfernung als innere Angelegenh­eit Israels betrachtet.

„Immer wieder sind wir Zeugen der schlimmen Auswirkung­en des Antisemiti­smus, diesmal in Monsey in New York“, schrieb Israels Ex-Verteidigu­ngsministe­r Avigdor Lieberman bei Twitter. Er sehe als Hauptlösun­g nur die Auswanderu­ng von Juden nach Israel.

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FOTO: AP Orthodoxe Juden sprechen in Monsey nach dem Messerangr­iff mit einem Polizeibea­mten.

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