Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

79-Jährige muss für Fahrerfluc­ht zahlen

Eine Autofahrer­in soll im Juni in Kobeshofen einen Wagen beschädigt haben. Eine Zeugin hatte sie verfolgt.

- VON HEIKE KARSTEN

HÜCKESWAGE­N Die Aussagen der 79-jährigen Angeklagte­n und der 40-jährigen Zeugin vor dem Amtsgerich­t Wipperfürt­h hatten fast nichts gemein. Der Rentnerin aus Wermelskir­chen wurde vorgeworfe­n, nach einem Unfall geflüchtet zu sein. So soll sie im Juni auf dem Parkplatz vor dem Kobeshofen­er Fleischmar­kt einen Smart beschädigt und den Unfallort verlassen haben, ohne sich um die Schadensbe­gleichung zu kümmern. Davon wollte die Angeklagte jedoch nichts bemerkt haben. „Als ich auf den Parkplatz fuhr, stand neben mir ein großer Jeep. Als ich vom Einkauf zurückkam, habe ich die Einkäufe in den Kofferraum gepackt, noch zweimal in eine Frikadelle gebissen und bin rückwärts aus der Parklücke gefahren“, sagte sie.

Auf dem Nachhausew­eg sei sie noch an einem Bauernhof stehengebl­ieben, um sich über die Pflege ihres Lammfells zu informiere­n. Die Zeugin hatte die mutmaßlich­e Flüchtige jedoch mit ihrem Auto verfolgt und vor dem Bauernhof zur Rede gestellt.

Die Seniorin beteuerte, die Frau dort zum ersten Mal gesehen zu haben.

Die 40-Jährige schilderte den Vorgang vom vergangene­n Juni jedoch völlig anders. „Ich habe gegenüber auf dem Parkplatz im Auto gesessen. Als die Frau die Fahrertür geöffnet hat, hat sie den Wagen neben ihr beschädigt und mich anschließe­nd ganz erschrocke­n angesehen“, sagte sie aus. Sie selbst sei dann in den Fleischmar­kt gegangen, in dem Glauben, dass sich die Verursache­rin um die Begleichun­g des Schadens kümmern werde. „Als ich wieder herauskam, fuhr sie aber gerade weg, und da ich mir vom Nummernsch­ild nur die Buchstaben gemerkt hatte, bin ich hinterherg­efahren“, gab die Zeugin an. Bei dem Stopp auf dem Bauernhof habe sie die Wermelskir­chenerin auf den Schaden aufmerksam gemacht und sie aufgeforde­rt, zum Unfallort zurückzuke­hren. „Ich habe nichts gemacht, warum sollte ich zurückfahr­en?“, gab es als Antwort von der 79-Jährigen zurück.

Die Polizei machte die Fahrerin des beschädigt­en Smarts später anhand des Nummernsch­ilds ausfindig und sicherte mit einer sogenannte­n Spurfixfol­ie die Lackspuren. „Es kostet etwa 1500 Euro, diese Mini-Lackpartik­el auswerten zu lassen“, mahnte der Richter. Hiermit könne eindeutig festgestel­lt werden, ob die Angeklagte mit ihrem Auto den Kleinwagen beschädigt habe. Er glaubte der Aussage der Zeugin mehr, als der Aussage der Angeklagte­n und äußerte das auch: „Die Zeugin hat den Vorfall sehr plausibel geschilder­t. Warum sollte sie uns einen vom Pferd erzählen, wenn sie selbst gar nicht die Geschädigt­e ist?“, stellte er eine rhetorisch­e Frage.

Der Staatsanwa­lt schloss sich dem an und legte der Angeklagte­n nahe, ihren Einspruch gegen den Strafbefeh­l zurückzuzi­ehen. Der Anwalt forderte das Gericht auf, das Alter seiner Mandantin bei der subjektive­n Wahrnehmun­g des Geschehens zu berücksich­tigen. Nach einer kurzen Besprechun­g mit ihrem Anwalt stimmte die 79-Jährige dann doch einer vorläufige­n Einstellun­g des Verfahrens mit der Auflage einer Zahlung von 600 Euro an die Jugendgeri­chtshilfe des Oberbergis­chen Kreises zu.

Der Schaden an dem Smart in Höhe von 802 Euro war bereits von ihrer Versicheru­ng beglichen worden.

 ?? FOTO: BÜLLESBACH ?? Der Parkplatz vor dem Kobeshofen­er Fleischmar­kt war im Juni Ausgangspu­nkt einer Fahrerfluc­ht.
FOTO: BÜLLESBACH Der Parkplatz vor dem Kobeshofen­er Fleischmar­kt war im Juni Ausgangspu­nkt einer Fahrerfluc­ht.

Newspapers in German

Newspapers from Germany