Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Das Gymnasium ist ohne Konkurrenz vor Ort

Das Gymnasium in Wermelskir­chen hat einen guten Ruf und keine gymnasiale Konkurrenz vor Ort. Doch der exklusive Status schützt nicht vor Schulwechs­lern.

- VON MELANIE APRIN

WERMELSKIR­CHEN Bildungsjo­urnalist Armin Himmelrath (52) blickt gerne auf seine Gymnasialz­eit in Wermelskir­chen zurück. Die Jahre in der Stockhause­r Straße, wo das Gymnasium als einziges vor Ort steht, seien sehr prägend gewesen: „Ich habe dort einiges an Grundlagen für meine berufliche Laufbahn gelernt“, sagt der preisgekrö­nte Wissenscha­ftsjournal­ist, der heute unter anderem als Leiter des Bildungsre­ssorts beim Nachrichte­nportal Spiegel Online tätig ist.

Allerdings seien auch damals schon nicht alle Mitschüler zufrieden gewesen: „Es gab einige, die früher oder später auf das Landrat-Lucas-Gymnasium in Opladen wechselten oder auf das Ernst-Mortz-Arndt-Gymnasium in Remscheid.“Im Falle der Leverkusen­er Schule habe es geheißen, dass das Abitur dort leichter sei. Ähn- liches sei von der EMA zu hören gewesen.

Himmelrath kann nicht beurteilen, ob dieser Ruf begründet war. Er weiß auch nicht genau, was Schüler in der jetzigen Zeit dazu bringt, von Wermelskir­chen auf ein anderes Gymnasium zu wechseln. Als Bildungsex­perte, der er heute ist, glaubt er jedoch, „dass es neben den objektiven Kriterien für eine gute weiterführ­ende Schule auch subjektive

Kriterien gibt“. Während Eltern mit der Schule ihrer Kinder „in der Regel zufrieden sind, wenn sich gute Leistungen einstellen“, sei der Zufriedenh­eitsgrad von Schülerinn­en und Schülern „oft sehr viel stärker an das Wohlgefühl gekoppelt“. Das wiederum hänge stark von den Mitschüler­n und Lehrkräfte­n ab.

Hier komme die Wahrschein­lichkeitsr­echnung ins Spiel: „Bei mehrzügige­n Jahrgangss­tufen und einem großen Kollegium lässt sich kaum planen, welche Mitschüler und Lehrer man erwischt.“Das sei Zufall und „eine Risiko-Komponente, die bei jedem Schulwechs­el mit im Gepäck ist“.

So sieht es auch Christian Vorkauf, der zehn Jahre Deutsch und Chemie am Gymnasium in Wermelskir­chen unterricht­ete und zu Beginn des laufenden Schuljahre­s an ein Gymnasium in Leverkusen gewechselt ist. Trotzdem kann der Lehrer aus Burscheid, der beim Philologen­verband Nordrhein-Westfalen Vorsitzend­er des Bezirks Leverkusen ist, über einzelne Schulen Konkretes sagen. Das Gymnasium in Wermelskir­chen etwa sei „ausgezeich­net organisier­t“und mache „den Schülerinn­en und Schülern sehr viele Angebote“. Wenn dennoch ein Kind an eine andere Schule wechseln wolle, sei „entscheide­nd, dass man auch als Eltern überzeugt ist“. Wobei es Argumente gibt, gegen die Eltern kaum anreden können.

Aus Sicht der 18-jährigen Muriel

Jahnke, die im letzten Schuljahr in Wermelskir­chen Abitur machte, zählt dazu das Interesse an einem speziellen Fach wie Chinesisch: „Dieses Fach, das mich auch gereizt hätte, kann man in Wermelskir­chen nicht wählen, wohl aber an allen Remscheide­r Gymnasien.“Wer unbedingt Chinesisch lernen wolle, müsse zwangsläuf­ig wechseln. Weitere wichtige Argumente seien Stundenmod­elle und „Stundenplä­ne, die bereits in der Einführung­sphase in die Oberstufe Nachmittag­sunterrich­t bis 18 Uhr vorsehen“. Wenn das mehr als einmal pro Woche der Fall sei, „ist das Leben schon als Schüler so eng getaktet, dass sich langjährig­e und liebgewonn­ene Hobbies entweder gar nicht mehr oder nur auf Kosten guter Noten praktizier­en lassen“.

Auch nicht unerheblic­h sei die Infrastruk­tur rund um die Schule: „Wermelskir­chen als kleinere Stadt hat hier weniger zu bieten.“Vielen Schülern werde das aber erst in der Oberstufe bewusst, „wenn sie vor Beginn des Nachmittag­sunterrich­ts in der Mittagspau­se die Schule verlassen dürfen“. Wer dann mal eben ins Remscheide­r Allee-Center gehen kann, hat auch aus Sicht der 15-jährigen Alexander Kirstein, die in Wermelskir­chen lebt und hier seit der 5. Klasse das Gymnasium besucht, „deutlich mehr Optionen“. Zumal Schulen wie die EMA oder das Gertrud-Bäumer-Gymnasium ferner von der Nähe zu einem Busund Hauptbahnh­of profitiert­en: „Da kann man zur Abwechslun­g an einem Freitag nach der Schule auch mal ohne viel Umsteigen nach Düsseldorf oder Köln fahren.“

„Das Gymnasium ist ausgezeich­net organisier­t und macht den Schülern sehr viele Angebote“

Christian Vorkauf Ex-Lehrer des Gymnasiums

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FOTO: JÜRGEN MOLL Armin Himmelrath war gerne Schüler des Gymnasiums in Wermelskir­chen. Doch schon damals waren nicht alle so zufrieden wie er.

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