Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

NRW stemmt sich gegen neue Schuldenpl­äne

SPD, Gewerkscha­ften und Institute raten zu Milliarden­investitio­nen auf Pump. Die Landesregi­erung will das um jeden Preis verhindern.

- VON JAN DREBES, THOMAS REISENER UND FLORIAN RINKE

DÜSSELDORF/BERLIN In der von der SPD-Spitze angestoßen­en Debatte um schuldenfi­nanzierte Investitio­nen geht die Landesregi­erung Nordrhein-Westfalens auf Distanz. Verkehrsmi­nister Hendrik Wüst (CDU) sagte unserer Redaktion: „Das Nadelöhr sind nicht die Finanzen, sondern die Planungska­pazitäten.“Auch Bauministe­rin Ina Scharrenba­ch (CDU) ist skeptisch: „Die vorhandene­n Milliarden sind erst einmal umzusetzen. Es steht ausreichen­d Geld zur Verfügung. Alles andere sind Scheindeba­tten.“

Die SPD mit ihren neuen Parteichef­s Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans hatte massive Investitio­nen von rund 450 Milliarden Euro gefordert und die schwarze Null, also den ausgeglich­enen Haushalt, wie auch die im Grundgeset­z verankerte Schuldenbr­emse infrage gestellt. Für den Kampf gegen marode Bahnstreck­en, defekte Schultoile­tten und Funklöcher wollen sie zur Not Kredite aufnehmen. Auch Gewerkscha­ften und Wirtschaft­sinstitute hatten die Abkehr von der strengen Anti-Schulden-Politik zugunsten von Investitio­nen gefordert. Wirtschaft­svertreter und Unionspoli­tiker sehen darin aber keinen Widerspruc­h und wollen am Prinzip der schwarzen Null festhalten.

Neben der Schuldenbr­emse, die weiterhin Kredite in kleinem Umfang erlaubt, steht die schwarze Null für einen Haushalt ohne Neuverschu­ldung.

Seit 2014 ist sie im Bund Realität. Zugleich plant die Bundesregi­erung für 2020 mit 43 Milliarden Euro Investitio­nen – ein Höchststan­d. Sie fließen vor allem in Infrastruk­tur, bezahlbare­n Wohnraum, Bildung und Forschung. Mehr als 50 Milliarden Euro sind in den kommenden Jahren für den Klimaschut­z verplant.

Finanzmini­ster Olaf Scholz, der gegen Esken und Walter-Borjans ins Rennen um den sozialdemo­kratischen Parteivors­itz gegangen war, hatte stets an der schwarzen Null festgehalt­en. Nach seiner Niederlage hatte aber auch er betont, dass es mit ihm selbst bei sinkenden Steuereinn­ahmen kein Zurückfahr­en der Investitio­nen geben werde – was teils als Abkehr von seinen bisherigen Leitsätzen gesehen wurde.

NRW kämpft unterdesse­n mit Engpässen bei den Planungska­pazitäten. So verlief beispielsw­eise der Abruf von Fördergeld für die Sanierung von Schulgebäu­den zuletzt auch deshalb schleppend, weil es in vielen Kommunen an Fachkräfte­n fehlte, die das Geld fristgerec­ht hätten verplanen können. Weil das auch anderen Ländern so geht und das Geld anderswo nicht eingeplant worden war, bekam NRW 2019 für Autobahnen und Bundesstra­ßen rund 65 Millionen Euro mehr vom Bund als vorgesehen. Insgesamt flossen im vergangene­n Jahr 1,3 Milliarden Euro aus Berlin für Bundesfern­straßenpro­jekte nach NRW.

Auch in die Digitalisi­erung wird 2020 in NRW weiter investiert – über alle Ressorts hinweg. Das Wirtschaft­sministeri­um plant beispielsw­eise allein für die Förderung des schnellen Internets 114,3 Millionen Euro ein, Breitbanda­nschlüsse an Schulen und kommunale W-Lan-Hotspots sollen zusätzlich mit 25 Millionen gefördert werden. Gleichzeit­ig wird die Digitalisi­erung der Landesverw­altung vorangetri­eben. Waren 2017 erst 38 Millionen Euro dafür bereitgest­ellt worden, sind es in diesem und den kommenden Jahren rund 90 Millionen.

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