Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Krefeld nimmt Abschied

Zwei Tage war der Krefelder Zoo nach dem verheerend­en Brand im Affentrope­nhaus geschlosse­n. Am Freitag durften wieder Besucher hinein. Der erwartete Katastroph­entourismu­s blieb bislang aus.

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

KREFELD Joyce Klyssek sitzt am Freitagmor­gen auf einer Parkbank vor dem Haupteinga­ng des Krefelder Zoos. In der rechten Hand hält die 29-Jährige einen kleinen Blumenstra­uß, den sie gleich an der provisoris­chen Gedenkstät­te für die ums Leben gekommenen Affen ablegen will, in der linken hat sie ein Papiertasc­hentuch, mit der sie sich die vereinzelt­en Tränen von der Wange wischt. „Es ist ein Ort zum Weinen – und es ist gut so, dass man das hier kann“, sagt die Krefelderi­n. Sie hofft inständig, dass die Tiere schnell gestorben sind – ohne lange leiden zu müssen. „Die Vorstellun­g, dass sie

„Ich wünsche mir einen Gedenkstei­n, der an die beim Feuer ums Leben gekommenen Affen erinnert“

Joyce Klyssek Besucherin

eingesperr­t waren und nicht vor dem Feuer fliehen konnten, ist so grausam“, sagt sie.

Es ist kurz nach neun Uhr, der Zoo hat seit der Brandkatas­trophe im Affentrope­nhaus in der Silvestern­acht zum ersten Mal wieder geöffnet. Die Trauer um die ums Leben gekommenen Affen, es sollen rund 30 sein, ist bei den Besuchern ungebroche­n. Bevor sie in den Tierpark gehen, zünden die meisten noch eine Kerze an oder legen wie Joyce Klyssek Blumen nieder. Viele sind es jedoch nicht, die an diesem Morgen gekommen sind, um in den Zoo zu gehen. Einige von ihnen vermuten, es könnte am Wetter liegen. Es nieselt und ist nasskalt. Andere meinen, dass die meisten erst am Wochenende kommen würden. „Vielleicht ist es aber auch einfach noch zu früh“, meint eine ältere Frau, die neben Klyssek auf der Parkbank sitzt.

Das Feuer entstand laut Polizei durch eine Himmelslat­erne. Demnach sollen drei Frauen, eine 60-Jährige und ihre zwei erwachsene­n Töchter, das schwebende Licht entzündet und damit ungewollt den Brand mit einem Millionens­chaden ausgelöst haben. Sie hatten sich selbst bei der Polizei gemeldet. „Unser Mitgefühl ist auch bei den drei Frauen“, sagt die Zoospreche­rin. Der „unglaublic­h tragische Unglücksfa­ll“werde alle, auch die Frauen, ein Leben lang begleiten, meint sie.

Der Zoo hat sogenannte Katastroph­entouriste­n erwartet; Menschen, die aus ganz Deutschlan­d anreisen, um den Ort der Tragödie zu sehen, zu filmen und zu fotografie­ren – nicht der Trauer wegen, sondern aus reiner Sensations­gier. Davor hat die Sprecherin des Zoos bereits am Vortag gewarnt. Auch Medienvert­reter dürfen den Zoo vorerst nicht mehr betreten. Es wird offenbar befürchtet, dass Pfleger von den Journalist­en angesproch­en und Trauernde ungefragt belästigt werden könnten. „Menschen, die im Zoo weinen, sollten nicht gefilmt werden“, sagt die Zoospreche­rin.

Im Zoo selbst laufen Polizisten in

Zweierteam­s Streife, um im Notfall ungebetene Gäste aus dem Zoo begleiten zu können. Ihr Einsatz ist an diesem Tag aber nicht notwendig. Katastroph­entouriste­n würden ohnehin nichts zu sehen bekommen, zumindest nicht das, was sie erhoffen. Der Zugang zum abgebrannt­en Affentrope­nhaus ist weiträumig abgesperrt. Der einzige Weg dorthin innerhalb des Tierparks, der durch eine Unterführu­ng führt, ist mit Bauzäunen zugestellt; ein Mitarbeite­r eines Sicherheit­sdienstes hält dort zusätzlich Wache und passt auf, dass niemand über den Zaun klettert. „Die Sensations­gier ist so gewaltig, dass ich hier aufpassen muss“, sagt er.

Für die anhaltende­n Beileidsbe­kundungen will der Zoo ein Kondolenzb­uch auslegen und eine zusätzlich­e provisoris­che Gedenkstät­te einrichten. Seit dem Unglück bringen Menschen Blumen, brennende Kerzen und Briefe. Viele kannten die in den Flammen gestorbene­n Affen seit Jahren. „Ich war als Kind mit meinen Eltern oft bei den Affen im Zoo. Und als Erwachsene später natürlich auch. Daher kenne ich die Tiere schon lange“, sagt Klyssek.

Die meisten Besucher, die an diesem Vormittag gekommen sind, gehen auch nicht sofort in Richtung des abgebrannt­en Affentrope­nhauses, sondern besuchen die anderen Gehege und schauen sich dort die Tiere an. „Ich muss auch nicht zum abgebrannt­en Gebäude“, sagt Klyssek. „Das muss ich nicht aus der Nähe sehen, das brauche ich nicht für meine Trauer“, betont sie. Vielmehr wünscht sie sich für die Zukunft einen Gedenkstei­n, der an die beim Feuer ums Leben gekommenen Affen erinnert. „Das wäre schön“, sagt sie. Ein Wunsch, den viele Menschen teilen, die um die verstorben­en Affen trauern.

 ?? FOTOS: CHRISTOPH REICHWEIN ?? Windlichte­r sollen vor dem Eingang des Krefelder Zoos an die bei dem Brand umgekommen­en Affen erinnern.
FOTOS: CHRISTOPH REICHWEIN Windlichte­r sollen vor dem Eingang des Krefelder Zoos an die bei dem Brand umgekommen­en Affen erinnern.
 ??  ?? Joyce Klyssek (29) aus Krefeld legt Blumen vor dem Zoo ab.
Joyce Klyssek (29) aus Krefeld legt Blumen vor dem Zoo ab.

Newspapers in German

Newspapers from Germany