Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Krefeld nimmt Abschied
Zwei Tage war der Krefelder Zoo nach dem verheerenden Brand im Affentropenhaus geschlossen. Am Freitag durften wieder Besucher hinein. Der erwartete Katastrophentourismus blieb bislang aus.
KREFELD Joyce Klyssek sitzt am Freitagmorgen auf einer Parkbank vor dem Haupteingang des Krefelder Zoos. In der rechten Hand hält die 29-Jährige einen kleinen Blumenstrauß, den sie gleich an der provisorischen Gedenkstätte für die ums Leben gekommenen Affen ablegen will, in der linken hat sie ein Papiertaschentuch, mit der sie sich die vereinzelten Tränen von der Wange wischt. „Es ist ein Ort zum Weinen – und es ist gut so, dass man das hier kann“, sagt die Krefelderin. Sie hofft inständig, dass die Tiere schnell gestorben sind – ohne lange leiden zu müssen. „Die Vorstellung, dass sie
„Ich wünsche mir einen Gedenkstein, der an die beim Feuer ums Leben gekommenen Affen erinnert“
Joyce Klyssek Besucherin
eingesperrt waren und nicht vor dem Feuer fliehen konnten, ist so grausam“, sagt sie.
Es ist kurz nach neun Uhr, der Zoo hat seit der Brandkatastrophe im Affentropenhaus in der Silvesternacht zum ersten Mal wieder geöffnet. Die Trauer um die ums Leben gekommenen Affen, es sollen rund 30 sein, ist bei den Besuchern ungebrochen. Bevor sie in den Tierpark gehen, zünden die meisten noch eine Kerze an oder legen wie Joyce Klyssek Blumen nieder. Viele sind es jedoch nicht, die an diesem Morgen gekommen sind, um in den Zoo zu gehen. Einige von ihnen vermuten, es könnte am Wetter liegen. Es nieselt und ist nasskalt. Andere meinen, dass die meisten erst am Wochenende kommen würden. „Vielleicht ist es aber auch einfach noch zu früh“, meint eine ältere Frau, die neben Klyssek auf der Parkbank sitzt.
Das Feuer entstand laut Polizei durch eine Himmelslaterne. Demnach sollen drei Frauen, eine 60-Jährige und ihre zwei erwachsenen Töchter, das schwebende Licht entzündet und damit ungewollt den Brand mit einem Millionenschaden ausgelöst haben. Sie hatten sich selbst bei der Polizei gemeldet. „Unser Mitgefühl ist auch bei den drei Frauen“, sagt die Zoosprecherin. Der „unglaublich tragische Unglücksfall“werde alle, auch die Frauen, ein Leben lang begleiten, meint sie.
Der Zoo hat sogenannte Katastrophentouristen erwartet; Menschen, die aus ganz Deutschland anreisen, um den Ort der Tragödie zu sehen, zu filmen und zu fotografieren – nicht der Trauer wegen, sondern aus reiner Sensationsgier. Davor hat die Sprecherin des Zoos bereits am Vortag gewarnt. Auch Medienvertreter dürfen den Zoo vorerst nicht mehr betreten. Es wird offenbar befürchtet, dass Pfleger von den Journalisten angesprochen und Trauernde ungefragt belästigt werden könnten. „Menschen, die im Zoo weinen, sollten nicht gefilmt werden“, sagt die Zoosprecherin.
Im Zoo selbst laufen Polizisten in
Zweierteams Streife, um im Notfall ungebetene Gäste aus dem Zoo begleiten zu können. Ihr Einsatz ist an diesem Tag aber nicht notwendig. Katastrophentouristen würden ohnehin nichts zu sehen bekommen, zumindest nicht das, was sie erhoffen. Der Zugang zum abgebrannten Affentropenhaus ist weiträumig abgesperrt. Der einzige Weg dorthin innerhalb des Tierparks, der durch eine Unterführung führt, ist mit Bauzäunen zugestellt; ein Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes hält dort zusätzlich Wache und passt auf, dass niemand über den Zaun klettert. „Die Sensationsgier ist so gewaltig, dass ich hier aufpassen muss“, sagt er.
Für die anhaltenden Beileidsbekundungen will der Zoo ein Kondolenzbuch auslegen und eine zusätzliche provisorische Gedenkstätte einrichten. Seit dem Unglück bringen Menschen Blumen, brennende Kerzen und Briefe. Viele kannten die in den Flammen gestorbenen Affen seit Jahren. „Ich war als Kind mit meinen Eltern oft bei den Affen im Zoo. Und als Erwachsene später natürlich auch. Daher kenne ich die Tiere schon lange“, sagt Klyssek.
Die meisten Besucher, die an diesem Vormittag gekommen sind, gehen auch nicht sofort in Richtung des abgebrannten Affentropenhauses, sondern besuchen die anderen Gehege und schauen sich dort die Tiere an. „Ich muss auch nicht zum abgebrannten Gebäude“, sagt Klyssek. „Das muss ich nicht aus der Nähe sehen, das brauche ich nicht für meine Trauer“, betont sie. Vielmehr wünscht sie sich für die Zukunft einen Gedenkstein, der an die beim Feuer ums Leben gekommenen Affen erinnert. „Das wäre schön“, sagt sie. Ein Wunsch, den viele Menschen teilen, die um die verstorbenen Affen trauern.