Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
„Gute Zoos erkennt man am Verhalten der Tiere“
Die nordrhein-westfälische Umweltministerin will keine strengeren Auflagen für Zoos.
DÜSSELDORF Ursula Heinen-Esser (CDU) will gerade ein Kurzstrecken-Flugzeug besteigen. Das Schicksal der Tiere, die im Krefelder Zoo in der Silvesternacht verbrannt sind, belastet die NRW-Umweltministerin sehr. Vor ihrem Abflug nimmt sie sich daher ein paar Minuten für ein Telefonat mit unserer Redaktion.
Warum hat der Brandschutz im Krefelder Zoo nicht funktioniert? URSULA HEINEN-ESSER Das muss man vor Ort noch genau untersuchen. Nach meiner bisherigen Kenntnis wurden die Brandschutzvorgaben in Krefeld eingehalten.
Brauchen wir mehr Tierschutzvorgaben für Zoos?
HEINEN-ESSER Nein. Sofern ein Zoo oder Tierpark betrieben wird, sind tierschutzrechtliche Vorgaben einzuhalten. Bei den Haltungsanforderungen gilt das sogenannte Säugetiergutachten, das Mindestanforderungen an die Haltung von Säugetieren beschreibt. Ich habe den Eindruck, dass die Zoos in NRW sehr gut geführt werden. Die Mitarbeiter sind allesamt Tierfreunde, die sich sehr für die Tiere und deren Wohl einsetzen. Das Unglück von Krefeld scheint ein schrecklicher Vorfall gewesen zu sein, der vermutlich keine Rückschlüsse auf systematische Versäumnisse zulässt.
Wozu brauchen wir überhaupt Zoos?
HEINEN-ESSER Da gibt es viele Gründe. Zoos helfen beim Erhalt von bedrohten Tierarten, sie sichern deren Genpool und unterstützen deren Fortpflanzung. Zoos helfen auch der wissenschaftlichen Erforschung der Tierwelt. Und natürlich sind Zoos ein wichtiger Beitrag zur Umweltbildung.
Zookritiker sagen: Die Tiere leiden unter der Gefangenschaft und die Zoobesucher sind für sie Stress. Stimmt das?
HEINEN-ESSER Für Zoos gibt es strenge Auflagen und Tierschutzanforderungen, die umzusetzen sind. Und die Zoos versuchen, die Tiere so natürlich wie möglich zu halten. Da hat es im Verlauf der Jahrzehnte eine gute Entwicklung gegeben. Die Gelände werden immer weitläufiger, die Haltung passt sich immer besser an den Bedarf der Tiere an.
Sollte man nicht besser in den Erhalt der natürlichen Tierlebensräume investieren?
HEINEN-ESSER Man kann das eine ja tun, ohne das andere zu lassen. Es gibt ja auch enge Kooperationen etwa zwischen Zoos und Wiederauswilderungsprojekten. Ich sehe da keinen Widerspruch.
Vermitteln Zoos nicht ein völlig falsches Bild von Natur? HEINEN-ESSER Gerade Kindern kann man in Zoos sehr gut einen ersten Eindruck von Tieren, deren Umgebung und Eigenarten vermitteln. Wenn die Tiere in einem angemessenen Gehege gehalten und artgerecht gepflegt werden. Die Gelände müssen groß genug sein, damit die Tiere ihr natürliches Verhalten ausleben und sich ausreichend bewegen können.
Welcher Zoo in NRW ist besonders tierfreundlich? HEINEN-ESSER Ich möchte da nicht differenzieren und werde nicht öffentlich ein persönliches Ranking einzelner Zoos in NRW aufstellen.
Ist das nicht Ihre Aufgabe als Tierschutzministerin? HEINEN-ESSER Die zuständigen Behörden vor Ort erteilen die Erlaubnis und kontrollieren die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben. Dass keine Auffälligkeiten gemeldet werden, werte ich als gutes Zeichen für den Tierschutz in unseren Zoos.
Woran erkenne ich als Zoobesucher, ob es den Tieren gut geht? HEINEN-ESSER Am Verhalten der Tiere. Sind sie verängstigt, bewegen sie sich natürlich? Ist das Gehege gepflegt? Das sind alles Indikatoren, an denen auch ein Laie einen gut geführten Zoo erkennen kann.
Welche Folgen hat das Drama von Krefeld?
HEINEN-ESSER Wir werden nochmal neu über das Thema Brandschutz in Zoos sprechen müssen. Wichtig ist aber auch die Frage, warum solche gefährlichen Gegenstände wie Himmelslichter bei uns so einfach in den Verkehr gebracht werden können, obwohl die Anwendung verboten ist. Dem werden wir nachgehen. Wenn wir Anwendungsverbote haben, müssen sie auch umgesetzt werden. Hier scheint mir das Handelsunternehmen, das diese Himmelslichter verkauft hat, zumindest moralisch in der Mitverantwortung zu stehen.