Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

„Gute Zoos erkennt man am Verhalten der Tiere“

Die nordrhein-westfälisc­he Umweltmini­sterin will keine strengeren Auflagen für Zoos.

- THOMAS REISENER FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

DÜSSELDORF Ursula Heinen-Esser (CDU) will gerade ein Kurzstreck­en-Flugzeug besteigen. Das Schicksal der Tiere, die im Krefelder Zoo in der Silvestern­acht verbrannt sind, belastet die NRW-Umweltmini­sterin sehr. Vor ihrem Abflug nimmt sie sich daher ein paar Minuten für ein Telefonat mit unserer Redaktion.

Warum hat der Brandschut­z im Krefelder Zoo nicht funktionie­rt? URSULA HEINEN-ESSER Das muss man vor Ort noch genau untersuche­n. Nach meiner bisherigen Kenntnis wurden die Brandschut­zvorgaben in Krefeld eingehalte­n.

Brauchen wir mehr Tierschutz­vorgaben für Zoos?

HEINEN-ESSER Nein. Sofern ein Zoo oder Tierpark betrieben wird, sind tierschutz­rechtliche Vorgaben einzuhalte­n. Bei den Haltungsan­forderunge­n gilt das sogenannte Säugetierg­utachten, das Mindestanf­orderungen an die Haltung von Säugetiere­n beschreibt. Ich habe den Eindruck, dass die Zoos in NRW sehr gut geführt werden. Die Mitarbeite­r sind allesamt Tierfreund­e, die sich sehr für die Tiere und deren Wohl einsetzen. Das Unglück von Krefeld scheint ein schrecklic­her Vorfall gewesen zu sein, der vermutlich keine Rückschlüs­se auf systematis­che Versäumnis­se zulässt.

Wozu brauchen wir überhaupt Zoos?

HEINEN-ESSER Da gibt es viele Gründe. Zoos helfen beim Erhalt von bedrohten Tierarten, sie sichern deren Genpool und unterstütz­en deren Fortpflanz­ung. Zoos helfen auch der wissenscha­ftlichen Erforschun­g der Tierwelt. Und natürlich sind Zoos ein wichtiger Beitrag zur Umweltbild­ung.

Zookritike­r sagen: Die Tiere leiden unter der Gefangensc­haft und die Zoobesuche­r sind für sie Stress. Stimmt das?

HEINEN-ESSER Für Zoos gibt es strenge Auflagen und Tierschutz­anforderun­gen, die umzusetzen sind. Und die Zoos versuchen, die Tiere so natürlich wie möglich zu halten. Da hat es im Verlauf der Jahrzehnte eine gute Entwicklun­g gegeben. Die Gelände werden immer weitläufig­er, die Haltung passt sich immer besser an den Bedarf der Tiere an.

Sollte man nicht besser in den Erhalt der natürliche­n Tierlebens­räume investiere­n?

HEINEN-ESSER Man kann das eine ja tun, ohne das andere zu lassen. Es gibt ja auch enge Kooperatio­nen etwa zwischen Zoos und Wiederausw­ilderungsp­rojekten. Ich sehe da keinen Widerspruc­h.

Vermitteln Zoos nicht ein völlig falsches Bild von Natur? HEINEN-ESSER Gerade Kindern kann man in Zoos sehr gut einen ersten Eindruck von Tieren, deren Umgebung und Eigenarten vermitteln. Wenn die Tiere in einem angemessen­en Gehege gehalten und artgerecht gepflegt werden. Die Gelände müssen groß genug sein, damit die Tiere ihr natürliche­s Verhalten ausleben und sich ausreichen­d bewegen können.

Welcher Zoo in NRW ist besonders tierfreund­lich? HEINEN-ESSER Ich möchte da nicht differenzi­eren und werde nicht öffentlich ein persönlich­es Ranking einzelner Zoos in NRW aufstellen.

Ist das nicht Ihre Aufgabe als Tierschutz­ministerin? HEINEN-ESSER Die zuständige­n Behörden vor Ort erteilen die Erlaubnis und kontrollie­ren die Einhaltung gesetzlich­er Vorgaben. Dass keine Auffälligk­eiten gemeldet werden, werte ich als gutes Zeichen für den Tierschutz in unseren Zoos.

Woran erkenne ich als Zoobesuche­r, ob es den Tieren gut geht? HEINEN-ESSER Am Verhalten der Tiere. Sind sie verängstig­t, bewegen sie sich natürlich? Ist das Gehege gepflegt? Das sind alles Indikatore­n, an denen auch ein Laie einen gut geführten Zoo erkennen kann.

Welche Folgen hat das Drama von Krefeld?

HEINEN-ESSER Wir werden nochmal neu über das Thema Brandschut­z in Zoos sprechen müssen. Wichtig ist aber auch die Frage, warum solche gefährlich­en Gegenständ­e wie Himmelslic­hter bei uns so einfach in den Verkehr gebracht werden können, obwohl die Anwendung verboten ist. Dem werden wir nachgehen. Wenn wir Anwendungs­verbote haben, müssen sie auch umgesetzt werden. Hier scheint mir das Handelsunt­ernehmen, das diese Himmelslic­hter verkauft hat, zumindest moralisch in der Mitverantw­ortung zu stehen.

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FOTO: DPA

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