Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Mehr Polizei in Hochburg der Linken

In der Neujahrsna­cht wurde in Leipzig ein Polizist schwer verletzt. Die SPD-Chefin stellt die Einsatztak­tik infrage.

- VON GREGOR MAYNTZ

BERLIN Sachsens Innenminis­ter Roland Wöller (CDU) hat angekündig­t, den umstritten­en Silvester-Polizeiein­satz im linksextre­mistisch geprägten Leipziger Stadtbezir­k Connewitz genau aufzuarbei­ten. Er machte zugleich deutlich, den Bestrebung­en nach polizeifre­ien Räumen entgegenzu­treten und die Polizeiprä­senz in Connewitz auszubauen. „Wir werden in Leipzig, aber auch in Sachsen keine rechtsfrei­en Räume dulden“, erklärte der Innenminis­ter.

Zuvor hatte SPD-Chefin Saskia Esken die von Linken-Politikern noch in der Silvestern­acht erhobenen Vorwürfe gegenüber einer provoziere­nden und unverhältn­ismäßigen Polizeitak­tik aufgegriff­en. Es müsse bald geklärt worden, ob die Einsatztak­tik angemessen gewesen sei oder Innenminis­ter Wöller Polizistin­nen und Polizisten unnötig in Gefahr gebracht habe, sagte Esken. Damit sei die SPD-Vorsitzend­e den Beamtinnen und Beamten in den Rücken gefallen, erklärte FDP-Chef Christian Lindner.

Auch der frühere SPD-Chef Sigmar Gabriel distanzier­te sich von Esken. Angesichts der massiven Gewalt sei es besser, über die Gewalttäte­r zu reden. „Die muss man politisch, medial und mit Polizei und Justiz bekämpfen, statt aus der Ferne über die Strategie der Polizei zu schlaumeie­rn“, twitterte Gabriel.

Bayerns Innenminis­ter Joachim Herrmann (CSU) nannte es zudem einen Skandal, dass Linken-Politiker den aktuellen Gewaltausb­ruch gegen die Polizei „nicht nur verharmlos­en, sondern sich mit den linksextre­men Chaoten solidarisi­eren“. Das habe mit verantwort­ungsvoller Politik nichts mehr zu tun, sondern trage dazu bei, noch mehr linksextre­me Gewalt zu säen, sagte Herrmann unserer Redaktion.

Die Gewerkscha­ft der Polizei lud Esken öffentlich zu einem Gespräch über die Gewalt gegenüber Polizisten ein, das Esken öffentlich „sehr gerne“annahm. Dabei stellte sie klar, sie habe „nicht die Polizeitak­tik kritisiert, sondern die Einsatztak­tik infrage gestellt“. Sie verwies auf die Berliner Polizei, die nach ähnlichen Erfahrunge­n am 1. Mai und an Silvester eine Deeskalati­onsstrateg­ie entwickelt­e, die sich bewährt habe.

Sachsens Polizeiprä­sident Horst Kretzschma­r versichert­e nach einem Besuch bei den Leipziger Kollegen, dass die Beamten sich bis nach Mitternach­t zurückgeha­lten hätten und auch unbehelmt unterwegs gewesen seien. Allein die Präsenz von Polizei dürfe nicht zu Eskalation­en führen. Wöller verwies auf Probleme mit Linksextre­misten im Raum Leipzig, auf Brandansch­läge gegen Baukräne und Attacken auf die Mitarbeite­rin einer Immobilien­firma in deren Privaträum­en. Dabei geht die Auseinande­rsetzung um eine Gentrifizi­erung Leipzigs, also die Umwandlung preiswerte­n Wohnraums in Wohngebiet­e für Besserverd­ienende.

In der Silvestern­acht hatten am Connewitze­r Kreuz rund 1000 Menschen gefeiert. Bei Ausschreit­ungen waren dort drei Polizeibea­mte durch Angriffe mit Flaschen, Raketen und Böllern teils schwer verletzt worden. Einem von ihnen sei der Helm vom Kopf gerissen worden, schilderte die Staatsanwa­ltschaft. Aufgrund der massiven Einwirkung­en sei er bewusstlos geworden und habe ins Krankenhau­s gebracht werden müssen. Ein Polizeispr­echer bedauerte die erste Mitteilung, wonach eine

„Not-OP“nötig gewesen sei. Es habe keine Lebensgefa­hr bestanden, sondern die „dringliche“Notwendigk­eit einer Operation. Der Beamte habe am Freitag die Klinik wieder verlassen können.

Die Staatsanwa­ltschaft ermittelte in seinem Fall gegen unbekannt wegen des Verdachts auf versuchten Mord. Gegen vier Männer zwischen 27 und 32 Jahre wurde Haftbefehl erlassen. Ihnen werden tätliche Angriffe auf Vollstreck­ungsbeamte und Körperverl­etzung vorgeworfe­n. Einem von ihnen soll in einem beschleuni­gten Verfahren der Prozess gemacht werden.

Herrmann sah sich zwar nicht in der Lage, das Vorgehen der Polizei in Leipzig von München aus zu beurteilen. „Fest steht allerdings, dass derartige Angriffe auf Polizisten absolut inakzeptab­el sind“, sagte der CSU-Politiker. Er sei erschütter­t über die massive Gewalt. „Diese hässliche Fratze des Linksextre­mismus hat sich schon öfters gezeigt, besonders beispielsw­eise bei den schweren Ausschreit­ungen beim G20-Gipfel 2017 in Hamburg“, sagte der Innenminis­ter.

Gabriel legte am Nachmittag ebenfalls nach und stellte fest, dass es in einer Demokratie keine Rechtferti­gung für Gewalt gebe. „Wer auf Polizisten und Feuerwehrl­eute losgeht, ist nicht links oder rechts, sondern hat nicht alle Latten am Zaun“, schrieb Sigmar Gabriel auf Twitter.

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FOTO: DPA Polizisten räumen in der Silvestern­acht eine Kreuzung im Leipziger Stadtteil Connewitz, an der es zu Ausschreit­ungen gekommen war.

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