Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Der Abstieg der deutschen Industrie

Börsenrank­ings spiegeln Wirtschaft­sgeschicht­e. Die Abstürze von Daimler, VW und Eon zeigen: Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.

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Die deutsche Industrie spielt auf der Weltbühne eine immer kleinere Rolle. Das zeigen die Rankings, die die Beratung EY vorlegt. Sie vergleicht dabei die Marktkapit­alisierung (Aktienwert mal Zahl der Aktien). 2019 waren nur zwei deutsche Konzerne unter den 100 wertvollst­en der Welt: SAP kommt auf Platz 51, Siemens auf Platz 100. Der Gasekonzer­n Linde landet auf Platz 95, wird seit der Fusion mit Praxair aber aus den USA geführt.

Vor der Finanzkris­e gehörten noch sieben deutsche Konzerne zu den Top 100, und es ist bezeichnen­d, wer seither abgestiege­n ist: 2007 zählten noch Eon (Platz 45) und RWE (97) dazu. Eon war damals der teuerste deutsche Konzern. Doch der Atomaussti­eg, die verschlafe­ne Energiewen­de und diverse Spaltungen haben die Energierie­sen geschrumpf­t.

2007 gehörten auch zwei deutsche Autokonzer­ne zur ersten Weltliga: Daimler (Platz 69) und VW (94). Daimler ist nun auf Platz 214 abgestürzt, VW auf Platz 116. Anstatt wie Toyota in neue Antriebe und Hybridmoto­ren zu investiere­n, setzten die deutschen Konzerne

ihre Kraft in Bewahrung des Alten – teilweise mit kriminelle­n Mitteln, wie ihr Dieselbetr­ug zeigt.

Absturz auch bei Bayer: Der Chemiekonz­erns stürzte von Platz 81 (in 2009) auf Platz 142. Bis heute haben die Leverkusen­er die Übernahme des Merck-Geschäfts und vor allem von Monsanto nicht verdaut. Wie das Monsanto-Abenteuer ausgeht, wird 2020 in US-Gerichtssä­len entschiede­n.

Das Ranking 2019 wird vom Ölkonzern Saudi-Aramco angeführt, der mehr wert ist als die 30 Dax-Konzerne zusammen. Ansonsten dominieren US-Techkonzer­ne wie Apple, Alphabet, Amazon oder Facebook, die es teilweise vor 30 Jahren noch nicht gab. Wie in der Politik, so gilt auch in der Wirtschaft: Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.

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