Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Beherzt verhindert Mikail Küper einen Wohnungsbr­and

In der Silvestern­acht brennt auf dem Balkon im zweiten Stock eines Wohnhauses Mobiliar. Mikail Küper klettert hoch und und wirft es in den Vorgarten.

- VON STEPHAN SINGER

WERMELSKIR­CHEN Das neue Jahrzehnt war keine halbe Stunde vergangen, da bescherte es Wermelskir­chen den ersten Helden 2020 in Sachen Zivilcoura­ge. Mit seinem geistesgeg­enwärtigen und beherzten Eingreifen verhindert­e Mikail Küper das Übergreife­n eines Brandes von einem Balkon auf die dazugehöri­ge Wohnung und das gesamte Gebäude. Zu dem Feuer kam es in der Silvestern­acht in der dicht besiedelte­n Wirtsmühle­r Straße. Dort hatte ein verirrter Feuerwerks­körper das Feuer auf dem Balkon in der zweiten Etage eines vierstöcki­gen Wohnhauses ausgelöst – zum Zeitpunkt des Brandes waren die Bewohner der Wohnung nicht zu Hause.

„Über die Metallstüt­zen des Balkons bin ich von außen dort hochgeklet­tert. Auf dem Balkon brannten Kunststoff­mobiliar und eine Aufbewahru­ngsbox

für Sitzauflag­en, die bereits zur Hälfte weggeschmo­lzen war“, berichtet Mikail Küper von dem ersten Anblick, den er an seinem „Einsatzort“vorwand. In der Silvestern­acht feierte der 27-Jährige mit seinem Freundeskr­eis in seiner Wohnung schräg gegenüber vom Brandort den Beginn des Neuen Jahres. „Um Mitternach­t sind wir wie viele Nachbarn auf die Straße gegangen, weil einige unserer Freunde ihr Feuerwerk zünden wollten. Dort kam ein Nachbar zu mir gelaufen und wies mich in gebrochene­m Deutsch auf das Feuer hin – von unten konnten wir sehen, dass die Flammen schon auf der Unterseite des Balkons durchschlu­gen“, erinnert Küper im Gespräch mit unserer Redaktion. Einer seiner Freunde, der in der Silvestern­acht dabei war, ist Nils Lehmann. Der 26-Jährige sagt: „Wir haben gar nicht so schnell mitbekomme­n, wie Mikail da hoch geklettert ist – er hat extrem schnell reagiert.“Einige Umstehende hätten ihr Handy zum Fotografie­ren gezückt: „Wir haben dann bemerkt, dass da jemand das brennende Mobiliar vom Balkon in den Vorgarten wirft. Die von mehreren Personen gerufene Feuerwehr war schnell da.“Wie Mikail Küper erzählt, habe er auf dem Balkon auch einen grünen „Gras-Teppich“vorgefunde­n, dessen Kunststoff kräftig kokelte: „Ich habe sogar einige der Steinplatt­en darunter aufgehoben und die Glut, die sich unterhalb gebildet hatte, ausgetrete­n.“Angst habe er bei seinem Eingreifen nicht verspürt: „Ich bin landwirtsc­haftlich aufgewachs­en, unser Hof hat drei Mal gebrannt. Ich habe Respekt vor Feuer und weiß, wie schlimm so ein Brand enden kann.“Seine Geistesgeg­enwart verdanke er bestimmt auch seinen Jahren bei der Jugendfeue­rwehr in Remscheid-Lennep, meint Küper, der seit gut sechs Jahren in der Wirtmühler Straße wohnt und als Tankwart sowie Mechaniker arbeitet: „Ich verspüre schon einen gewissen Stolz, aber meine Tage gehen weiter wie gewohnt.“Und bescheiden ergänzt der 27-Jährige, der die Bewohner der betroffene­n Wohnung „gar nicht kennt“und bis heute nicht kennengele­rnt hat: „Ich freue mich, wenn ich anderen helfen kann.“

Nils Lehmann gesteht seinem mutigen Freund allerdings schon ehr zu: „Als er vom Balkon zu uns zurückkam, meint er humorvoll nur, dass er spazieren gewesen sei. Wir haben ihn mit Standing Ovations empfangen und bis morgens um fünf Uhr gab es für uns kein anderes Gesprächst­hema mehr.“

Als Gastgeber der kleinen Party in seiner Wohnung habe er vor dem Brand keinen Alkohol getrunken, sagt Mikail Küper: „Dafür hatte ich zu viel zu tun und das hat bestimmt zu meiner Geistesgeg­enwart beigetrage­n.“Seine Schuhe, Hose und Jacke aus der Silvestern­acht sind ruiniert – geschmolze­ne Plastikres­te haften unumkehrba­r am Stoff.

Seinen Rückweg vom Balkon trat Mikail Küper übrigens nicht kletternde­rweise an, das erschien den Einsatzkrä­ften der Feuerwehr als zu gefährlich. sie geleiteten die tapferen Helfer durch die Wohnung und das Gebäude hinaus. Die Wohnungstü­r hatten die Feuerwehrl­eute aufgebroch­en, um etwaige Glutnester im Inneren aufzuspüre­n, fanden jedoch keine vor.

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FOTO: SINGER Mikail Küper (r., hier mit Nils Lehmann) kletterte in der Silvestern­acht auf den Balkon im zweiten Stock (hinten re.) und verhindert­e einen Brand.

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