Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Ein Taxiblues in der Kölner Nacht
(step) „Die Großstadt ist zwischen vier und sechs Uhr morgens am schönsten; gesetzlos und wild, die Zeit ist aufgehoben. Jeder Nachtfahrer kann davon einen Blues singen.“An seine erste Taxifahrt kann sich Josef Snobl noch genau erinnern. Mit vier Jahren wird in der Nacht in einen große, schwarze Limousine mit gelben Streifen gesetzt und wird auf der ledernen Rückbank durch Prag, seine Heimatfahrt gefahren. Das Ziel ist ein Krankenhaus, wo gerade seine Schwester zur Welt gekommen ist. Diese Fahrt prägt den Sohn eines Rennfahrers und Automechanikers. Später in seiner Wahlheimat Köln sitzt er selbst zweieinhalb Jahrzehnte am Steuer eines Taxis und absolviert unzählige Nachtfahrten. So erlebt er die Großstadt aus einer höchst ungewöhnlichen Perspektive. Geliebt hat er seinen Job nie, wirklich reich gemacht hat er ihn nur an Erfahrungen, die er nun in seinem Buch in den Texten, Musikstücken und Fotografien festgehalten hat. Sie bieten dem Leser einen ungewohnten wie faszinierenden Blick auf Köln. Für Snobl ist es ein Leben in zwei Welten. In der einen ist er elegant als Künstler und Fotograf unterwegs und umgibt sie mit anderen Intellektuellen. In der Nacht wechselt der gebürtige Prager nicht nur die Kleidung, sondern auch seine Position in der Stadt. So mancher Künstlerkollege, dem er tagsüber begegnet, erkennt ihn nicht mehr, wenn er am Steuer seines Taxis sitzt. Was ihm von seiner Zeit im Taxis geblieben ist, sind die Begegnungen mit höchst unterschiedlichen Menschen, die bei ihm im Wagen saßen und mit denen er in der Großstadt durch die Nacht gefahren ist. „Ein guter Nachtfahrer
ist wie eine Ratte. Er muss scharfe Augen haben, einen guten Riecher, Konzentration, Intuition, Orientierungssinn, Instinkt, Beobachtungsgabe und schnelle Reaktionsfähigkeit. Auch einen Sinn für ungewöhnliche Situation und Atmosphären muss er besitzen. Menschenkenntnis setzt man bei ihm voraus. Jede dieser Eigenschaften kann sich als lebensrettend erweisen“, schreibt Snobl. Buch: Josef Snobl: Nachtfahrt – ein Taxiblues, Emons-Verlag, 242 Seiten, 25 Euro