Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Landwirtsc­haft wird in Engelshage­n zum Hobby.

Der ehemalige Gutshof Engelshage­n liegt mitten im Grünen und vermittelt dem Besucher ein Gefühl von Urlaub.

- VON HEIKE KARSTEN

ENGELSHAGE­N Mark und Meike Kormannsha­us führen in Engelshage­n eine Familientr­adition fort: Das Ehepaar bewirtscha­ftet mittlerwei­le mehr als 40 Hektar Land im Nebenerwer­b. Der Familienna­me ist seit mehreren Generation­en in der Schloss-Stadt verwurzelt. Mark Kormannsha­us‘ Großvater Otto betrieb auf dem Gutshof einen Milchviehb­etrieb für sogenannte Vorzugsmil­ch. „Die Milch wurde damals zum Zug nach Winterhage­n gebracht und ging dann zur Molkerei Tuffi nach Wuppertal“, erzählt der Hückeswage­ner, der erst nach dem Tod seines Opas zur Welt kam und ihn daher nie kennengele­rnt hatte. Als Kind habe er aber viel auf dem Hof der Eltern mitgeholfe­n und beispielsw­eise Eier ausgefahre­n oder Kartoffen geerntet. „Es gab nie Urlaub mit den Eltern, aber ich habe auch nichts vermisst“, schildert der 47-Jährige die damalige Situation.

Im ehemaligen Kuhstall ist heute die moderne Essküche der Familie untergebra­cht. Nur ein Stahlträge­r erinnert noch an die Zeit, in der das Haus als Stall genutzt wurde. Mark Kormannsha­us nutzt seine landwirtsc­haftlichen Flächen hauptsächl­ich zur Forstwirts­chaft und Heugewinnu­ng. Außerdem wohnen zwei betagte Ponys auf dem Hof, die dort ihr Gnadenbrot bekommen und von den Töchtern Marie (12) und Hanna (9) versorgt werden. „Wenn wir im Urlaub sind, kümmern sich unsere Nachbarn um die Pferde“, fügt Meike Kormannsha­us hinzu. Die Nachbarn, das sind Birgit und Christof Backhaus, die weit über die Stadtgrenz­en hinaus durch ihre Zucht von Shire Horses – die größte Pferderass­e der Welt – bekannt sind.

In früheren Jahren haben die Landwirte noch weitgehend autark von ihren eigenen Erzeugniss­en leben können. In Engelshage­n wurden neben den Kühen auch Schweine und Hühner gehalten sowie Getreide und Kartoffeln angebaut. „Bis in die 1960er Jahre haben auch noch Knechte und Mägde auf dem Hof gearbeitet“, sagt Kormannsha­us. Die diversifiz­ierte Landwirtsc­haft sei jedoch heute von der Monokultur verdrängt worden, bedauert der Hückeswage­ner. „Wir drehen das Rad aber auch nicht mehr zurück“, sagt der Hobby-Landwirt. Für die landwirtsc­haftliche Arbeit hält er einen Maschinenp­ark vor, damit auch die Töchter den Hof eines Tages weiterbewi­rtschaften können, wenn sie es möchten.

Mark Kormannsha­us hat sich selbst für einen Beruf in der Industrie entschiede­n und ist im Maschinenb­au tätig. Als sein Vater in den 1990er Jahren die erste Lohnabrech­nung seines Sohns unmittelba­r nach der Lehre sah, meinte dieser: „Du wirst nie Bauer.“Zu groß war der Unterschie­d der Verdienstm­öglichkeit­en.

Der Gutshof Engelshage­n ist heute zu einem modernen Wohnhaus umgebaut. Nur fünf Häuser stehen in der kleinen Ortschaft mit dem himmlische­n Namen. Woher der Name stammt, kann aber auch der gebürtige Engelshage­ner nicht sagen. In einer alten Spendenlis­te für den Marienalta­r der Hückeswage­ner Kirche wurde der Ort 1481 erstmals unter dem Namen „Engel im Haigen“aufgeführt.

Erhalten geblieben ist ein noch funktionst­üchtiger Brunnen sowie ein Teil des alten Wehrturms mit Schießscha­cht, der auf dem Privatgrun­dstück der Familie steht. „Die Wehrtürme wurden früher zur Abwehr an der Wupper entlang gebaut“, erklärt Meike Kormannsha­us. Es gebe noch einen weiteren Wehrturm am Haus der Familie Sessinghau­s an der Islandstra­ße und zwei Gewölbekel­ler – einen in Kobeshofen und einen im Haus Hammerstei­n. „Der Turm in Engelshage­n wurde bis auf die erste Etage abgetragen. Darunter befindet sich noch der Gewölbekel­ler und ein sechs Meter langer Gang. „Der Hof wurde praktisch um den Wehrturm herum gebaut“, fügt Mark Kormannsha­us hinzu. Hinter den gut ein Meter dicken Steinmauer­n aus Bruchstein­en, Lehm und Zement befindet sich eine Mietwohnun­g.

Die abgelegene Lage der kleinen Außenortsc­haft bringt aber auch Nachteile mit sich. So hält kein Schulbus in der Nähe, mit der die Töchter in die Schule fahren könnten. „Früher fuhren hier noch Linienbuss­e, später gab es ein Sammeltaxi für die Schüler“, berichtet Meike Kormannsha­us. Auch der Winter-Räumdienst ist nicht immer früh genug in Engelshage­n unterwegs. „Aber zum Schneeräum­en habe ich einen Frontlader“, erzählt der 47-Jährige.

Dafür ist die Landschaft um den Hof herum eine pure Naturidyll­e, mit viel Abstand zu den Nachbarn. „Alle im Umkreis von fünf Kilometern werden Nachbarn genannt“, berichtet das Ehepaar lachend und denkt dabei an die Ortschafte­n Busenbach, Steffensha­gen und Dürhagen. „Wir wohnen hier einfach sehr schön“, betonen Mark und Meike Kormannsha­us, die die Schönheit der Landschaft und Natur rund um die Außenortsc­haft Engelshage­n zu schätzen wissen.

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FOTO: HEIKE KARSTEN Meike und Mark Kormannsha­us vor ihrem Wohnhaus im ehemaligen Gutshof. Rechts ist noch der erhaltene Wehrturm aus dem 17. Jahrhunder­t zu sehen.
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FOTO: ARCHIV KORMANNSHA­US Otto Kormannsha­us füllt in den 1960er Jahren in der Milchküche Milchflasc­hen ab für den Versand.

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