Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
So schildert Jung-Stilling Radevormwald
Auszüge „Als er eine Stunde durch wüste Örter fortgewandelt war, so geriet er auf eine Landstraße, und hier sah er ohngefähr eine Stunde vor sich hin auf der Höhe, ein Städtchen liegen, wohin diese Straße führte; er folgte derselben ohne einen Willen zu haben warum, und gegen eilf Uhr kam er vor dem Tor an. Er fragte daselbst nach dem Namen der Stadt, und der vernahm, daß es Waldstätt war, wovon er zuweilen hatte reden hören.“
„Henrich Stilling lebte nun wieder vergnügt zu Waldstätt; auf so viele Leiden und Gefangenschaft schmeckte nun der Friede und die Freiheit so viel süßer.“
„Es wohnte aber eine Stunde von Waldstätt ein weidlicher Kaufmann, der sich Spanier schrieb [...] Er hatte eine sehr starke Eisenfabrik, die aus sieben Eisenhammern bestund, wovon vier bei seinem Hause, drei aber anderthalb Stunden von ihm ab, nicht weit von Herrn Hochbergs Haus lagen, wo Stilling gewesen war. Dabei besaß er ungemein viele liegende Güter, Häuser und Höfe, und was dazu gehörte, nebst vielem Gesinde, Knechten, Mägden und Fuhrknechten; denn er hatte verschiedene Pferde zu seinem eigenen Gebrauch.“
„Auch musste er rohe Waren einkaufen, und des Endes drei Stunden weit wöchentlich ein paarmal auf die Landstraße gehen, wo die Fuhrleute mit dem rohen Eisenherkamen, um das Nötige von ihnen einzukaufen; wenn er dann wieder kam und recht müde war, so tat ihm die Ruhe ein paar Tage wieder gut, er las dann selbsten und informierte dabei.“
„So wie ich hier Stillings Lebensart beschrieben habe, so dauerte sie, ohne eine einzige trübe Stunde dazwischen zu haben, sieben ganzer Jahre in einem fort; ich will davon nun nichts weiter sagen, als daß er in all dieser Zeit, in Absicht der Weltkenntnis, Lebensart, und obigen häuslichen Wissenschaften ziemlich zugenommen habe.“
(aus: Johann Heinrich Jung-Stilling, „Heinrich Stillings Wanderschaft“, Lebensgeschichte, Insel-Verlag, Frankfurt am Main 1983).