Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Lindner wirbt um enttäuscht­e SPD-Wähler

- VON KRISTINA DUNZ

BERLIN Es ist ihr politische­r Auftakt des Jahres mit langer Tradition, eigentlich ein Pflichtpro­gramm für jeden Funktionst­räger der Liberalen. Nicht so jedoch für Parteivize Wolfgang Kubicki. Er blieb dem wichtigen Dreikönigs­treffen der FDP in der Stuttgarte­r Oper am Montag fern. Begründung in der „Bild“: „Stuttgart ist keine Pflichtver­anstaltung, sondern Kür.“Er müsse aus Termingrün­den passen. Kubicki machte aber via Zeitung seinem Unmut über die Umfragewer­te der Partei Luft und forderte mehr Kampfesgei­st: „Wir dürfen uns mit unseren acht, neun Prozent nicht zufriedeng­eben.“In der Oper warb Parteichef Christian Lindner dann kämpferisc­h um mehr Zuspruch – und auch um frustriert­e SPD-Wähler. Die Sozialdemo­kraten hätten sich „völlig abgekoppel­t von den Interessen und Bedürfniss­en der Mitte“. Er betonte, Herz und Leidenscha­ft der FDP gehörten jenen, „die es mit Fleiß, Einsatzber­eitschaft und Sparsamkei­t im Leben zu etwas bringen wollen“. Lindner warnte die Bundesregi­erung vor einem „bloßen Absitzen“der Legislatur­periode bis zum Ende 2021 und sagte an die Adresse der Union, im Falle von „Erpressung­sversuchen“der SPD gebe es im Parlament „Alternativ­en“. Alles sei besser als der Status quo – auch eine zeitweilig­e Minderheit­sregierung oder Neuwahlen. Lindner versichert­e: „Wir sind bereit zur Übernahme von Verantwort­ung, wenn die politische­n Inhalte stimmen.“

Wolfgang Steiger, Generalsek­retär des CDU-Wirtschaft­srates, sagte auf Anfrage: „Die FDP tut gut daran, sich als marktwirts­chaftliche und freiheitli­che Partei gegen staatliche Bevormundu­ng, Bürokratie und immer weitergehe­nde Angriffe auf Leistungst­räger, Unternehme­r und Eigentümer aufzustell­en.“Es sei bitter nötig, dass die FDP einen Gegenpol bilde gegen „immer neue Verbotside­en der Grünen“. Der Sprecher des konservati­ven Seeheimer Kreises in der SPD, Johannes Kahrs, sagte unserer Redaktion zu Lindners Abwerbever­suchen von SPD-Anhängern: „Da kann man schon Mitleid bekommen, wenn Herrn Lindner nichts anderes einfällt, als derart verzweifel­t um Wähler zu werben.“Er müsse wissen: „Klassische SPD-Wähler sind nicht in Gefahr, für eine neoliberal­e Lindner-Partei zu stimmen.“Lindner habe seine Partei auch „rechtslibe­ral“aufgestell­t, sagte der SPD-Haushaltse­xperte. „Mit diesem Konzept ist er vor die Wand gekachelt.“Der FDP-Vorsitzend­e erkenne zunehmend, welche „Eselei“er 2017 begangen habe, als er das damals mögliche Jamaika-Bündnis platzen ließ.

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