Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Philip ist der jüngste MuaythaiTrainer weit und breit.
Phillip Detlefsen verstärkt das Trainer-Team beim ATV, dabei ist er gerade einmal zwölf Jahre! Der Sekundarschüler bringt nicht nur viel Talent mit, sondern auch die Leidenschaft für die thailändische Kampfkunst Muaythai.
HÜCKESWAGEN Wenn Phillip Detlefsen abends nach der Schule nicht in seinem Zimmer ist, muss sein Vater nicht lange suchen: „Dann ist er am Sandsack in der Garage“, erzählt Kai Detlefsen. Dort setzt der Zwölfjährige dann gezielte Tritte und Schläge gegen das Trainingsgerät, ist hochkonzentriert und kommt gehörig ins Schwitzen.
„Das tut ziemlich gut“, sagt der junge Hückeswagener. „Da komme ich runter.“Head-Kick. Front-Kick. Aufwärts-Haken. Der Schüler der Sekundarschule in Wermelskirchen kennt die Regeln und Möglichkeiten der thailändischen Kampfkunst Muaythai auswendig. Und er hat sich als eindrucksvolles Talent entpuppt, seit er vor etwa einem Jahr zum ersten Mal in der Trainingshalle des ATV auftauchte.
Damals begleitete er eigentlich nur Bruder Felix, der sich den Kampfsport mal ansehen wollte. Aber weil Phillip auf der Suche nach einer Alternative zum Fußball war und Lust hatte, etwas ganz Neues zu lernen, stieg er ein. „Und irgendwie wusste ich schnell: Das ist mein Sport“, sagt er.
Die Schnelligkeit habe ihm gefallen, die Kraft und die Möglichkeit, seine Energie einzusetzen. Also kam Phillip Detlefsen Woche für Woche zum Training und traf dort auf Nina „Indy“Schumacher. Die erfolgreiche Muaythai-Kämpferin und Trainerin erkannte in dem Zwölfjährigen ein seltenes Talent. Die Technik des Jungen sei besonders sauber, berichtet sie. Und er sei gleich in der Gruppe aufgefallen: Wenn die Trainer nämlich mal nicht ihre Augen überall gleichzeitig haben konnten, sprang der Zwölfjährige in seiner Trainingsgruppe einfach ein. „Ich entdeckte Führungsqualitäten bei Phillip, die ich fördern wollte“, sagt Nina Schumacher. Deswegen warf sie ihn irgendwann ins kalte Wasser und überließ ihm die Anleitung kleiner Übungen. „Und er glänzte“, berichtet Nina Schumacher stolz.
Da hatte Phillip für den Sport längst Feuer gefangen. Er hatte die Regeln kennengelernt, ohne die Muaythai nicht machbar ist. Die Technik des schnellen Sports hatte er bereits verinnerlicht und seine Ausdauer trainiert. „Man kommt echt ins Schwitzen“, sagt er. „Das ist ein richtig anstrengender Sport.“Und weil sich Phillip so außergewöhnlich gut machte, kamen Eltern, Trainer und der junge Sportler ins Gespräch. Sollte er mit zwölf in seinen ersten Kampf gehen? Trainer und Eltern befanden, dass es dafür noch zu früh sei. Phillip soll noch Zeit für seine körperliche und soziale Entwicklung bekommen.
Um den Jungen trotzdem so gut wie möglich zu fördern und nach vorne zu bringen, schlug Nina Schumacher die Ausbildung zum Sporthelfer vor, die eigentlich erst ab 13 möglich ist. Phillip durfte trotzdem mitmachen. „Ich war der Jüngste“, erzählt er, „aber ich bekam Unterstützung aus dem Verein“. Mit den anderen angehenden Sporthelfern im Kreis lernte der Hückeswagener,
wie sie künftig die Trainerteams unterstützten, wie Übungsstunden aufgebaut und Sportler gefördert werden können.
Er bestand die Prüfung mit Auszeichnung – seitdem ist er nun auch offiziell Teil des ATV-Trainerteams. „Phillip hält mir den Rücken frei,
wenn es organisatorische Dinge zum Anfang des Trainings zu klären gibt“, erzählt Nina Schumacher. „Er leitet das Warm-up und gibt Hilfestellung bei Techniken, als hätte er nie etwas anderes gemacht.“
Dabei hat der Junge auch vor den Erwachsenen keine Scheu. Zu denen gehört inzwischen auch Vater Kai, der durch seine Söhne für Muaythai begeistert wurde. Kein Wunder, sagt doch Philip: Der Sport helfe so schön, Energie zu bündeln. Und richtig fit zu werden. Auch Nina Schumacher weiß um die positiven Effekte des Sports auf die Jugendlichen: „Die Sportler lernen Disziplin, Selbstbewusstsein und soziales Miteinander“, sagt sie. Das habe überhaupt nichts mit Straßenprügeleien zu tun. Ganz im Gegenteil.
Irgendwann will sich Phillip Detlefsen dann auch auf seinen ersten großen Kampf vorbereiten. Vor allem aber will er Trainer werden – mit 16 darf er den Übungsleiter-C-Schein machen. „Nur das Brüllen, das muss ich noch ein bisschen lernen“, sagt der Sekundarschüler und lacht. Dann kehrt er gut gelaunt zurück zu seiner Gruppe zum Aufwärmen.