Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Die nächste Generation der Unternehmer
Alina Schmidt ist mit Anfang 20 in die Firma ihrer Eltern eingestiegen – sie will junge Leute ermutigen, diesen Weg zu gehen.
WERMELSKIRCHEN Alina Schmidt deutet auf den großen Tisch und die vielen verschiedenen Stühle im Ladenlokal. „Suchen Sie sich einfach einen Stuhl aus“, sagt sie und empfiehlt dann ein gepolstertes Modell mit Armlehnen. „Der funktioniert so wie früher die Gymnastikbälle“, beginnt sie zu erklären, „sieht nur viel besser aus.“Und schon ist die 25-Jährige in ihrem Element. Sie achtet auf die Reaktion ihres Gegenübers, erzählt ein bisschen über die neue Generation der Stühle für Konferenzräume und dann öffnet sie einer älteren Dame die Tür, die zwei Kaffeetassen bringt. „Meine Oma“, stellt sie lächelnd vor, „wir sind eben ein echter Familienbetrieb.“Dann nimmt sie selber in einem der Stühle Platz und beginnt zu erzählen.
Sie erinnert sich an jenen Moment, als sie während der Schulzeit zum ersten Mal über berufliche Perspektiven nachgedacht hat. „Da schwirrten viele Ideen in meinem Kopf rum“, sagt sie, „aber ich war irgendwie schon infiziert.“Sie war mit der Selbstständigkeit ihrer Eltern aufgewachsen und mit dem Geschäft für Bürobedarf, das mit den Jahren immer weiter gewachsen war. Und trotzdem trat sie nach dem Abi erstmal die Ausbildung zur Bankkauffrau an. „Wer mich kennt, der hat wahrscheinlich geahnt, dass die Arbeit in der Bank nicht so gut zu mir passt“, sagt sie heute. Es seien ihr Temperament und ihre Lust auf Herausforderungen, die schließlich zu einer zweiten Entscheidung führten. Alina Schmidt schrieb sich neben der Ausbildung zum BWL-Studium ein – berufsbegleitend und mit einem Schwerpunkt auf Banking und Finance. Kaum hatte sie das Ausbildungszeugnis und den Bachelor in der Tasche, heuerte sie bei ihrem Vater an. „Warum ein Umweg?“
fragt sie. Schließlich sei sie sich da längst sicher gewesen, dass sie den Betrieb der Eltern irgendwann weiterführen wolle.
Inzwischen liegt ihre wegweisende Entscheidung vier Jahre zurück: Peter Schmidt und Tochter Alina sind zu einem guten Team zusammengewachsen, und die 25-Jährige ist inzwischen als Kreissprecherin der Wirtschaftsjunioren Leverkusen/Rhein-Berg im Einsatz. „Natürlich ist es nicht immer leicht, mit mehreren Generationen in einem Unternehmen zu arbeiten“, sagt sie. Natürlich gebe es Diskussionen – über technische Entwicklungen, über verschiedene Werbemöglichkeiten. „Aber wir sprechen miteinander und wir hören uns zu“, sagt sie. Und: Wenn sie und ihr Vater den Betrieb am Abend verlassen, dann lassen sie auch die Arbeit hinter sich. Sie haben sich noch auf eine andere Regel geeinigt: Für Alina Schmidt gibt es keine Extrawurst. Im Urlaubsfall vertritt sie zwar ihre Eltern, aber an anderen Tagen reiht sie sich in die Gruppe der Mitarbeiter ein und muss Lernurlaub beantragen, wenn sie Zeit für ihr Masterstudium braucht.
Und trotzdem: Es sei eine besondere Situation, im Familienunternehmen zu arbeiten, weiß Alina Schmidt. „Ich bin stolz auf meine Eltern und ihre Leistung“, sagt sie, „und das motiviert mich sehr.“Inzwischen hat sie ihre eigenen Schwerpunkte gesetzt, konzentriert sich auf Büroplanung, Möbel und Einrichtung. „Es ist kreativ und spannend, sich Lösungsmöglichkeiten auszudenken“, sagt die 25-Jährige. Und sie will anderen Mut machen, in das Unternehmen der Eltern einzusteigen: Auch deswegen engagiert sie sich seit drei Jahren für die Wirtschaftsjunioren – 2019 wurde sie zur Kreissprecherin gewählt. „Wir sind ein starkes Netzwerk“, sagt sie, „und es tut gut, mit Menschen zusammenzusitzen, die ähnliche Geschichten, Herausforderungen und Fragen mitbringen.“Allerdings gehe ihr ehrenamtlicher Einsatz bei den Wirtschaftsjunioren weit darüber hinaus: Der Verband setze sich engagiert dafür ein, dass das Fach Wirtschaft in die Schulen zurückkehre. „Alle Schüler unterschreiben einen Handyvertrag, aber die meisten wissen gar nicht, was sie da unterzeichnen“, sagt die Wirtschaftsjuniorin. Deswegen sei es wichtig, den Jugendlichen Basiswissen zu vermitteln. Außerdem nehmen die Wirtschaftsjunioren Kontakt zu Schülern auf und bieten ihnen an, Bewerbungsmappen mit ihnen zu prüfen. Und auch wenn sich Alina Schmidt Unterstützung für ihren eigenen Weg wünscht, wird sie bei den Freunden der Wirtschaftsjunioren fündig.