Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

„Ich war immer der Typ mit dem Cello“.

Johannes Friedrich spielt Pop und Rock auf dem Cello und erschafft unglaublic­he Melodien. Am Samstag musiziert er für den guten Zweck.

- VON THERESA DEMSKI

DHÜNN Als erstes fällt der Blick auf die drei Instrument­e. Ein klassische­s Cello aus Holz, eines aus Karbon und eines, das nur noch entfernt an die ursprüngli­che Form erinnert und Strom braucht. Johannes Friedrich greift zu dem schwarzen Instrument, nimmt auf dem Hocker in seinem Probenraum Platz und wendet sich der Technik zu – drei Fußpedale, Tablets, Boxen, Kabel. Ein paar Klicks und dann beginnt er zu spielen. Er streicht den Bogen über die Saiten, dazu gesellt sich eine Playbackme­lodie aus den Boxen.The Bangles, Phil Collins, Celine Dion.

Dann wechselt er das Instrument und grinst: „Ich kann auch anders“, sagt Friedrich und nimmt das E-Cello zur Hand. Es erklingen die ersten Töne von „Smells Like Teen Spirit“von Nirvana. Grunge statt Ballade. Dazu ein paar Klicks auf den Fußpedalen für die Effekte. Das Ergebnis klingt unerwartet – als würde eine ganze Band Lieblingsh­its spielen, während sich ein seltener, wertvoller Klang dazugesell­t, der der Musik die Krone aufsetzt. Ein Mann, ein Cello, tausend Melodien. Zuhörern wird in diesen Moment dann schnell klar, dass Friedrichs Motto „simply cello“ganz und gar nicht seine Musik beschreibt. Ganz im Gegenteil, hier ist nichts einfach: Der Klang ist besonders, die Technik aufwändig und auch der Weg, den Johannes Friedrich als Musiker gegangen ist, war nicht immer einfach.

„Ich habe angefangen, Cello zu spielen, als ich acht war“, erinnert er sich. Damals konnte er es kaum erwarten. Es sei dieses große Instrument gewesen, das ihn gereizt habe. Und weil Johannes Friedrich schon damals kein Typ war, der die Sachen ohne Ziel anging, nahm er den Cellounter­richt ernster als viele Klassenkam­eraden ihre Musikstund­en. „Ich wollte damals Orchesterm­usiker werden“, erzählt er.

Also wechselte er zum Unterricht nach Wuppertal, studierte Cello und Klavier in Hannover. „Ich war immer der Typ mit dem Cello“, sagt er heute. Vorsichtig beim Sport und fleißig im Instrument­alunterric­ht. Aber irgendwas an diesem Bild passte dann nicht mehr. Friedrich hörte Genesis und Queen. „Aber Cellisten, die damals moderne Sache spielten, waren Freaks“, sagt er lachend, „Crossover gab es nicht.“Ihm selbst reichte die Klassik nicht mehr, das Abspielen von Noten, also wechselte er das Fach, nahm das Studium zum Ton- und Bildingeni­eur auf und machte sich als Musikprodu­zent selbststän­dig. Dance und Techno, „The Weather Girls“und Gil Ofarim. Das Cello wanderte in den Keller – und blieb dort fast 30 Jahre. Johannes Friedrich heiratete, bekam Kinder, produziert­e Videos, setzte seinen Schwerpunk­t auf Marketing und dachte darüber nach, das große, schwere Instrument im Keller zu verkaufen.

Dann diagnostiz­ierten die Ärzte bei seinem Sohn einen Hirntumor. „Da ist von einem Moment auf den anderen erstmal alles vorbei“, sagt er. Damals kämpfte die ganze Familie gemeinsam für das Leben und gegen die Krankheit. Und damals lernten Claudia und Johannes

Friedrich den Fördervere­in für krebskrank­e Kinder in Köln kennen. Der Verein betreibt das Elternhaus in Köln, in dem Eltern während der Behandlung ihrer Kinder untergebra­cht werden. Er bietet Gespräch und Begleitung an, sorgt dafür, dass Kinder und Familien Abwechslun­g im Klinikallt­ag bekommen und er springt auch ein, wenn betroffene Familien in Finanznot geraten. „Der Verein hat uns damals sehr geholfen“, sagt Johannes Friedrich.

Inzwischen hat Adrian den Krebs besiegt. „Und uns geht es gut“, sagt Johannes Friedrich. Genau in diesem Moment fiel ihm das Cello im Keller ein. Und er begann zu spielen – eigene Musik und gecoverte Songs mit Playbackun­terstützun­g. Rock und Pop. Inzwischen ist er als „simply Cello“auf Feiern und Empfängen zu Gast, auf 20 Hochzeiten spielt er in diesem Jahr. „Aber wir denken immer wieder an den Verein in Köln, der jeden Tag weiter im Einsatz ist“, sagt Friedrich. Und deswegen hat er vor zwei Jahren zum ersten Mal ein Benefizkon­zert gespielt, deswegen lädt er am kommenden Samstag, 18. Januar, zum Konzert nach Tente ein. Dann bringt er die aufwändige Technik, Licht und Boxen, Tablets und Kabel, aber vor allem seine Melodien mit ins Gemeindeha­us – und spielt zugunsten des Vereins für krebskrank­e Kinder. „Das ist die Musik, für die ich brenne“, sagt Friedrich, „eine Herzensang­elegenheit.“

 ?? FOTO: DEMSKI ?? Ein Mann, ein Cello, Hunderte von Melodien: Johannes Friedrich spielt Rock und Pop und lädt für Samstag zum Benefiz-Konzert ein.
FOTO: DEMSKI Ein Mann, ein Cello, Hunderte von Melodien: Johannes Friedrich spielt Rock und Pop und lädt für Samstag zum Benefiz-Konzert ein.

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