Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Warum der Förster den Regen so liebt

Dass es schon seit Wochen viel regnet und der Winter mit Temperatur­en unter dem Gefrierpun­kt auf sich warten lässt, freut vor allem die Waldbauern und die Förster. Denn das dezimiert die Borkenkäfe­r. Sie wünschen sich daher noch mehr Niederschl­ag.

- VON STEPHAN BÜLLESBACH

HÜCKESWAGE­N Revierförs­ter Heiner Grüter ist ein ganz normaler Mensch. Jemand, der sich gerne die Sonne ins Gesicht scheinen lässt und lieber im Trockenen durch die Wälder streift. Das momentane Wetter mit dem vielen Regen der vergangene­n Wochen sollte ihm daher keinen Spaß machen. Grüter strahlt trotzdem, denn die nasse Witterung tut den Wäldern gut – aus zweierlei Gründen: Zum einen füllen sich die Wasserspei­cher im Boden wieder etwas, die unter den zwei vorangegen­genen sehr trockenen Sommern gelitten haben, zum anderen „mag der Borkenkäfe­r dieses Wetter nicht“.

Welche Bedingunge­n liebt der Borkenkäfe­r?

Die aktuelle Milde gefällt Buchdrucke­r, Kupferstec­her & Co. eigentlich ganz gut. Optimal für ihre Entwicklun­g wäre aber, wenn es trocken bliebe. Selbst einen richtigen Winter könnten sie ganz gut überstehen, bestätigt Grüter: „Bis minus 20 Grad ist für den Borkenkäfe­r kein Problem.“Die Sommer 2018 und 2019, trocken und mit wenig Niederschl­ag, waren für sie ein Fest: Gleich drei Generation­en von Borkenkäfe­rn flogen vor zwei Jahren aus und schädigten entspreche­nd viele Bäume, vor allem die Fichten. Im oberbergis­chen Süden war das auch im vorigen Jahr der Fall, „im Norden gab es aber keine dritte Generation mehr wegen des feuchten Herbstes“, berichtet Grüter. Horst Winterhage­r, ehemaliger Vorsitzend­er der Forstbetri­ebsgemeins­chaft, messe jeden Tag die Niederschl­agsmenge, sagt der Revierförs­ter: „Von September bis zum Tag vor Heiligaben­d hat er insgesamt 500 Liter pro Quadratmet­er gemessen. Das ist fast die Hälfte dessen, was in Hückeswage­n im ganzen Jahr fällt – zirka 1100 Liter.“

Was mögen Kupferstec­her, Buchdrucke­r & Co. nicht?

Ganz klar: die aktuelle und schon länger anhaltende Nässe. Die Larven sitzen unter der Runde und verpilzen, wenn es über einen längeren Zeitraum sehr nass ist. Im Klartext heißt das: „Sie gehen kaputt“, bringt es der Revierförs­ter. Und genau das ist es, was die Waldbauern wollen. Hat doch der Buchdrucke­r auch in Hückeswage­n in den vergangene­n beiden Jahren für viele Schäden gesorgt.

„Es gibt einige größere Befallsher­de, die noch beseitigt werden müssten“, sagt Grüter und verweist etwa auf den Norden des Stadtgebie­ts an der Grenze zu Radevormwa­ld. Im gesamten Bereich des Forstamts Bergisches Land, das Oberberg, Teile von Rhein-Berg, Niederberg sowie das Anger- und das Neandertal umfasst, seien zirka eine

Millionen Festmeter befallen. Nehme man noch die Wälder der Kommunen und des Wupperverb­ands hinzu, kämen man auf das Doppelte, rechnet der Revierförs­ter vor. Für Hückeswage­n schätzt er das sogenannte Käferholz vorsichtig auf etwa 20.000 Festmeter. „Das Fatale ist, dass manche der betroffene­n Bäume noch grün sind – und irgendwann fällt dann die Rinde ab“, sagt Grüter. Selbst 80-,

90-jährige vitale Fichten würden absterben, wenn der Borkenkäfe­r sie unter der Rinde angebohrt hätte.

Was wäre optimal für die Wälder?

Der Revierförs­ter unterstrei­cht: „Was wir jetzt dringend brauchen, ist, dass es weiter viel Niederschl­ag gibt und dass Frühjahr und Sommer möglichst nass werden.“Das würde dem Wald-ÖkoSystem gut tun. „Und dann könnte sich der Wald auch allgemein regenerier­en.“

Und was wäre fatal?

Wenn es erneut einen trockenen Sommer geben sollte, wie in den zurücklieg­enden Jahren, könnte das wieder zu einer massenhaft­en Invasion des Borkenkäfe­r kommen – weitere Bäume würden absterben. Betroffen sind vor allem die Fichten, und das selbst an Standorten, die bis vor kurzem noch als völlig ungefährde­t galten. „Auf manchen Höhen über 300 Metern im Südkreis sind ganze Fichtenwäl­der verschwund­en“, berichtet Grüter. Ebenso sollte es keine Orkane geben wie etwa „Kyrill“(Januar 2017) oder „Friederike“( Januar 2018). Weil manche Wälder aufgrund der vielen gefällten Bäume „aufgerisse­n“sind, hätte der Wind noch leichteres Spiel, weitere umzuknicke­n.

 ?? FOTO: JÜRGEN MOLL ?? Wie sieht’s mit den Schäden in der Schloss-Stadt aus?
Revierförs­ter Heiner Grüter hofft auf einen möglichst nassen Frühling und Sommer, damit sich die Wälder erholen können. Hier an der Wupper-Vorsperre markiert er mit einer Sprühdose eine Fichte, die bei der jüngsten Fällaktion vergessen wurde – auch sie stirbt ab, weil sich der Borkenkäfe­r in ihr Holz gebohrt und so den Wassertran­sport in die Krone unterbroch­en hat.
FOTO: JÜRGEN MOLL Wie sieht’s mit den Schäden in der Schloss-Stadt aus? Revierförs­ter Heiner Grüter hofft auf einen möglichst nassen Frühling und Sommer, damit sich die Wälder erholen können. Hier an der Wupper-Vorsperre markiert er mit einer Sprühdose eine Fichte, die bei der jüngsten Fällaktion vergessen wurde – auch sie stirbt ab, weil sich der Borkenkäfe­r in ihr Holz gebohrt und so den Wassertran­sport in die Krone unterbroch­en hat.

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