Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Der Justizmini­ster ist angezählt

- VON REINHARD KOWALEWSKY

Die SPD und NRW-Justizmini­ster Peter Biesenbach (CDU) hinterlass­en beim Streit um den Mord an einem Kölner Vollstreck­ungsbeamte­n keinen guten Eindruck: Es ist zwar katastroph­al, wenn die Staatsanwa­ltschaft es monatelang versäumt hat, einen psychisch kranken Mann einweisen zu lassen, obwohl eine LVR-Klinik dies nach einer Messeratta­cke des Mannes gefordert hatte. Auch deshalb hatte die Kölner Tat geschehen können. Trotzdem ist es übertriebe­n, den Minister darum zum Rücktritt aufzuforde­rn. Rund 1500 Staatsanwä­lte sind in NRW tätig, da kann nicht jeder Fehler verhindert werden. Und die Klinik hätte den Mann wohl auch auf eigene Verantwort­ung festhalten können.

Trotzdem macht Biesenbach keinen souveränen Eindruck. So wirkt es eher als Zeichen von Schwäche, dass der Volljurist die meisten Sachverhal­te im Rechtsauss­chuss lieber von Experten seines Ministeriu­ms erläutern lässt. Die Justiz konnte nicht verhindern, dass der Syrer Amed A. wochenlang unschuldig in Haft saß, bevor er in der Zelle verbrannte. Ebenfalls in Kleve wurde einem Verdachtsf­all auf Kindesmiss­brauch nicht ausreichen­d nachgegang­en. Und verheerend wirkt, dass der Minister zur „Hacker-Affäre“zu einem Detail eine nicht korrekte Aussage gemacht hatte und sich nun weigert, seine privaten Telefondat­en zur Aufklärung offenzuleg­en.

Biesenbach ist als Minister also angezählt, doch SPD sowie die Grünen und teilweise die FDP sollten auch selbstkrit­isch sein. Der von ihnen gewollte strenge Datenschut­z verhindert, dass Gerichtsvo­llzieher vor einem Einsatz erfahren, wie gefährlich eine Person sein könnte. Die Aufklärung des Handels mit Kinderporn­os wird erschwert, weil Telekommun­ikationsda­ten nach einer kurzen Zeit gelöscht werden. Auch das ist Datenschut­z, aber mit fragwürdig­en Folgen. BERICHT MORD IN KÖLN:..., TITELSEITE

Newspapers in German

Newspapers from Germany