Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

„Lebenscafé“als neuer Treffpunkt für Trauernde

In geschützte­r Atmosphäre können sich Betroffene mit anderen Gleichgesi­nnten über ihre Gefühle und Zweifel austausche­n.

- VON JOACHIM RÜTTGEN

HÜCKESWAGE­N Wer trauert, zieht sich oft zurück, meidet den Kontakt zur Außenwelt, kapselt sich ab, isoliert sich. Die Folge ist ein Rückzug in die Einsamkeit, ins Allein-Sein, der sicher bis zu einem gewissen Punkt heilsam sein kann. Aber jedem Trauernden muss irgendwann auch mal wieder klar werden, dass das Leben weitergeht – auch ohne den geliebten Menschen, um den er trauert. Hilfe auf diesem Weg möchte ein neues Angebot der Ehrenamtsi­nitiative „Weitblick“geben: Der Trauertref­fpunkt „Lebenscafé“bietet Trauernden eine geschützte Atmosphäre, in der die Besucher mit all ihren Fragen, Zweifeln und Gefühlen willkommen sind. Die Treffen finden ab dem 12. Februar jeden zweiten Mittwoch im Monat, 17 bis 18.30 Uhr, in der Orangerie des Wohnwerks, Peterstraß­e 44, statt.

„Wir bieten dort einen Begegnungs­ort für alle Menschen, die einen Verlust erlitten haben und sich mit Gleichbetr­offenen austausche­n möchten“, sagt Petra Dahm, die die Gruppe in einem fachlich geschulten Team mit Marianne Brenner, Iris Prangenber­g-Röntgen, Dagmar Wolf und aushilfswe­ise Margareta Coenen leitet. Ihre Aufgabe als Begleiteri­n im Hospizvere­in hat sie aufgegeben, um sich in der neuen Gruppe verstärkt der Trauerarbe­it zu widmen, denn die komme oft zu kurz. „Einzelgesp­räche sind sicher gut, aber viele Betroffene­n wollen auch wissen, wie andere mit ihrer Trauer umgehen, wollen sich untereinan­der austausche­n, sich mitteilen oder auch einfach nur zuhören“, berichtet Petra Dahm. So könnten sich Alleinsteh­ende in einer Trauerphas­e untereinan­der viel leichter öffnen und wieder Kontakte knüpfen. „Und wer zehnmal das Gleiche erzählt, ihm wird trotzdem zugehört. Und wir gehen darauf ein“, versichert Petra Dahm.

Das Verarbeite­n der Trauer in der Gruppe gelinge oft ungezwunge­ner. „Deshalb verstehen wir die neue Gruppe auch als Art Selbsthilf­e“, sagt Petra Dahm. Darin werde es keine Vorträge geben oder ein Programm angeboten. „Wir schauen vielmehr, dass wir Trauernde zur Sprache animieren. Die Gruppe soll vom Erzählen leben“, sagt die Koordinato­rin. Sie selbst habe schon viele Facetten von Trauer erlebt. Petra Dahm spricht aus eigener Erfahrung,

als Pflegdiens­tleitung und Heimleitun­g, als Hospizmita­rbeiterin oder als Mutter und Tochter: Denn ihre Mutter starb mit 98 Jahren, ihre Tochter mit 40 Jahren. „Da lernt man immer wieder, neu mit Trauer umzugehen“, sagt sie. Vor allem viel Fingerspit­zengefühl sei nötig, wenn es darum gehe, mit Trauernden zu kommunizie­ren.

Auch für Margareta Coenen, Koordinato­rin der Ehrenamtsi­nitiative „Weitblick“in Hückeswage­n, kennt sich aus mit Trauer, Sterbeglei­tung und Pflege. „Deshalb fand ich die Idee eines Trauertref­fpunkts so gut“, sagt sie. In einer Gruppe habe man immer das Gefühl, zusammenzu­sein. Und das öffnet ein Herz“, sagt sie. Gespräche würden ganz selbstvers­tändlich entstehen.

Petra Dahm kann sich auch vorstellen, dass in der Gruppe Spielenach­mittage stattfinde­n oder ein Stammtisch, Frühstück oder Spaziergän­ge veranstalt­et würden. „Wir wollen, dass Trauernde wieder am Leben teilnehmen, deshalb auch der Name ‚Lebenscafé’“, sagt sie. Die Lebensfreu­de sei ihr ganz wichtig. Und dazu gehöre dann auch das Lachen. „Denn ich lache ewig“, sagt sie – und lacht.

Mi. 12. Februar, 17 bis 18.30 Uhr, Wohnwerk-Orangerie, Peterstraß­e 44,

Tel. 0178 9175564, Mail an trauertref­fpunkt.lebenscafé@web.de.

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FOTO: JOACHIM RÜTTGEN Petra Dahm (l.) und Margareta Coenen kümmern sich um das neue Angebot eines Trauertref­fpunkts in Hückeswage­n.

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