Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Handballer setzen auf NRW-Power

Gegen die Kroaten (20.30 Uhr/ZDF) entscheide­t sich, ob das deutsche Nationalte­am seine Chance aufs Halbfinale wahrt. Dabei kommt es auch auf vier Leistungst­räger an, deren sportliche Wurzeln im Westen liegen.

- VON STEFAN KLÜTTERMAN­N

WIEN Die Handball-EM dauert schon länger als eine Woche an, aber der Blick durch die deutsche Brille legte für Spieler, Verantwort­liche und Zuschauer die Vermutung nahe, dass das Turnier erst am Donnerstag­abend so richtig losgegange­n war. Beim 31:23 gegen Weißrussla­nd zum Auftakt der Hauptrunde zeigte die Mannschaft von Bundestrai­ner Christian Prokop endlich, wozu sie fähig ist. Der Sieg gegen den wenn auch internatio­nal nur zweitklass­igen Gegner machte Mut, dass die Aufholjagd in Gruppe 1 doch noch in der Halbfinalt­eilnahme münden kann. Voraussetz­ung sind dafür aber drei weitere Siege, also auch einer am Samstag (20.30 Uhr/ZDF) gegen die starken Kroaten. Die Hoffnungen der DHB-Auswahl ruhen dabei auf einem Quartett, das seine handballer­ischen Wurzeln in Nordrhein-Westfalen hat.

Andreas Wolff Gegen Weißrussla­nd fand Deutschlan­ds Nummer eins zu der Form, mit der er sich beim EM-Triumph vor vor vier Jahren in den Fokus der Öffentlich­keit und in die Riege der weltbesten Torhüter gespielt hatte. Wolff war vor den Augen des Papas auf der Tribüne in Wien präsent und raubte den Weißrussen im Abschluss viele Nerven. „Wir haben sehr gut gespielt in der Abwehr, da kann man als Torwart auch mal etwas mehr glänzen“, sagte er. Zufrieden gewesen dürften sie mit Wolff auch im Rhein-Sieg-Kreis. Der gebürtige Euskirchne­r spielte schließlic­h in der Jugend bei der SG Ollheim/Straßfeld und der HSG Rheinbach-Wormersdor­f, bevor er über Kirchzell im Odenwald beim TV Großwallst­adt in der Bundesliga ankam. Inzwischen spielt er beim polnischen Spitzenklu­b Kielce.

Dafür, dass gegen die Weißrussen bei ihm endlich der Knoten platzte, hatte der 28-Jährige übrigens eine einfache Erklärung: „Ich habe die Klappe vor dem Spiel nicht so groß aufgerisse­n und die Route befolgt: Jeder kehrt vor der eignen Haustür.“

Patrick Wiencek „Bam Bam“, wie der gebürtige Duisburger in der Szene heißt, war bei der Heim-WM im Vorjahr zu einer Art Kultprofi avanciert. Als Typ von nebenan begeistert­e der 30-Jährige vom THW Kiel mit Einsatzwil­len und Extroverti­ertheit. Gegen die Weißrussen fand der Kreisläufe­r

vor allem als Fixpunkt im Innenblock viel mehr Zugriff auf den Gegner als zuvor. Sein handballer­isches Handwerk lernte Wiencek bei verschiede­nen Stationen in NRW: dem MSV Duisburg, der HSG Düsseldorf, dem Bergischen HC, TuSEM Essen, dem TV Jahn Hiesfeld und dem VfL Gummersbac­h. Im Spiel gegen die Kroaten wartet eine besondere Herausford­erung auf ihn: Kroatiens Susein perstar und Kieler Teamkolleg­e Domagoj DuvKroaten njak.Da die in Wien im selben Hotel wie die Deutschen wohnen, traf sich die Kieler Delegation schon mal auf einen Kaffee.

Paul Drux Der 24-Jährige hat eine der wohl schwierigs­ten Aufgaben bei dieser EM inne. Er soll den Regisseur geben, obwohl er sich auf halblinks viel wohler fühlt. Aber weil auf Rückraum Mitte gleich eine Handvoll Kandidaten verletzt ausfallen, muss der gebürtige Gummersbac­her nach innen rücken. Gegen die Weißrussen gelang dem Profi von den Füchsen Berlin, der beim SSV

Marienheid­e im Oberbergis­chen groß geworden und beim VfL in Gummersbac­h gereift war, das besser als in der Vorrunde. Noch besser muss es ihm indes gegen die Kroaten gelingen, will das DHB-Team eine Siegchance haben. Und so gilt für diese 60 Minuten das, was Drux schon vor dem Turnier der „FAZ“als seine Aufgabe genannt hatte: „Ich muss Lücken suchen, Zweikämpfe führen, Abschlüsse finden, die Kreisläufe­r sehen. Ich muss aber auch als Mittelmann Torgefahr ausstrahle­n. Sonst bleibt die gegnerisch­e Abwehr einfach hinten und wartet.“

Julius Kühn Der hartnäckig­ste Gegner des gebürtigen Duisburger­s war gegen die Weißrussen die Kabinentür: Kühn war in der Halbzeitpa­use versehentl­ich in der Umkleide eingeschlo­ssen worden. „Ich war als Letzter auf der Toilette und habe schon so etwas geahnt“, sagte der 26-Jährige nach dem Spiel. „Ich habe panisch gegen die Tür geklopft.“Rechtzeiti­g zum Anwurf zu Hälfte zwei war Kühn aber wieder auf dem Feld. Das war auch gut so, denn Deutschlan­d braucht seine Tore aus dem Rückraum. Gerade, wenn spielerisc­h mal nicht so viel geht, ist der Zwei-Meter-Mann mit seinem Kanonenarm eine probate Lösung. So wie vor ihm Pascal „Pommes“Hens beim WM-Titel 2007. Kühn spielt in der Bundesliga für die MT Melsungen. Sein Weg begann aber beim TV Aldekerk, bevor er sich erst dem TuSEM Essen und dem VfL Gummersbac­h anschloss.

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