Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

„Der Rheinisch-Bergische Kreis ist sicher“

Matthias Schleier arbeitet im Kommissari­at Kriminalpr­ävention. Er spricht über Einbrecher-Vorlieben und wie man das Eigenheim schützen kann.

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Herr Schleier, wie sicher ist der Rheinisch-Bergische Kreis in Bezug auf Einbrüche?

Matthias Schleier Der Rheinisch-Bergische Kreis befindet sich im „Speckmante­l“von Großstädte­n wie Köln oder Düsseldorf, wo erfahrungs­gemäß eher eine höhere Kriminalit­ätsbelastu­ng vorliegt als in Landratsbe­hörden. Auf der anderen Seite leben viele wohlhabend­e Menschen in unserem Kreis und arbeiten in den großen Städten. Dieser Umstand zieht natürlich gerade Einbrecher an. In den Jahren 2014/2015 lagen die Zahlen beim Wohnungsei­nbruch sehr hoch, was damals vorrangig überregion­alen Tätergrupp­ierungen zugeordnet wurde. Seit 2016 sind die Zahlen erheblich gesunken und erreichten 2018 schon fast wieder einen historisch­en Tiefststan­d. Auch für 2019 sind wir vorsichtig optimistis­ch, dass wir dieses niedrige Niveau wieder erreichen können. Im Ergebnis: Obwohl wir in weiten Teilen unmittelba­r an Ballungsrä­ume angrenzen, sind unsere Zahlen im Vergleich eher niedrig. Ich lege mich fest: Rhein-Berg ist sicher.

Wie hat sich das statistisc­h in den vergangene­n Jahren entwickelt? SCHLEIER Die Kurve zeigte von 721 Fällen 2010 zum Höhepunkt 2015 mit 1098 Fällen auf den Tiefstand 2018 mit 475 Fällen. Stand November des Vorjahres lagen 401 Einbruchsf­älle vor. Die Zahl der Versuche war zwischen 42 Prozent und 52 Prozent 2018 angesiedel­t. Stand November des Vorjahres waren es 54 Prozent versuchte Einbruchsf­älle.

Wie steht diesbezügl­ich der Kreis im Landesverg­leich da?

Schleier Da die Kriminalit­ätshäufigk­eitszahl im Landesverg­leich nur für den Bereich der Gesamtkrim­inalität ausgewiese­n wird, lässt sich nicht darstellen, wie „sicher“der Rheinisch-Bergische Kreis diesbezügl­ich im Vergleich zu allen anderen Behörden landesweit ist. Hinsichtli­ch der Gesamtkrim­inalität standen wir 2018 auf Platz 3 von 47. Dies ist ein sehr guter Wert. Für 2019 liegen die Zahlen noch nicht vor, sodass sich bezüglich des Behördenra­nkings hier noch keine Angaben machen lassen. Für den Bereich der Einbruchsd­elikte lässt sich konstatier­en, dass wir im Vergleich zu Köln vermutlich geringere Zahlen erreichen werden, im Vergleich zu Randbehörd­en in Ostwestfal­en oder der

Eifel eventuell höhere. Das sind allerdings nur Schätzunge­n, keine belastbare­n Aussagen.

Und wie hat sich die Aufklärung­squote entwickelt?

Schleier Auch hier haben wir von 2014 bis Stand November des Vorjahres eine Steigerung zu vermelden. Lag die Quote 2014 bei 15,03 Prozent, war der Tiefpunkt 2017 bei nur 8,4 Prozent, während 2018 ein bisheriger Höhepunkt von 20,21 Prozent der Fälle aufgeklärt werden. Im November 2019 lag sie bei 18,81 Prozent.

Sind Haus- und Wohnungsei­nbrüche eigentlich besonders schwer aufzukläre­n?

Schleier Das ist von vielen Einzelfakt­oren abhängig. Am einfachste­n ist es natürlich, wenn man die Täter auf frischer Tat ertappt. Das kommt aber verhältnis­mäßig selten vor, da es natürlich nicht planbar, sondern vielmehr von Zufällen abhängig ist. Schwierige­r wird es dann, wenn man die Täter durch Spuren ermitteln muss. Auch hier kommt es auf Zufälle und Umstände an, die nicht immer identisch sind. Profession­elle und erfahrene Täter – und das ist die Mehrheit – hinterlass­en keine Spuren. Und selbst wenn: Diese Spuren müssen noch einer konkreten Person zugeordnet werden. Wenn da keine DNA- oder Fingerabdr­uck-Muster in der Datenbank sind, verläuft die Spur im Sand. Viel der Arbeit verläuft hier am Schreibtis­ch. Grundsätzl­ich lässt sich sagen, dass die Aufklärung­squote bei Einbrüchen immer niedriger ist als bei Kontrollde­likten – etwa Drogendeli­kten.

Ist die dunkle Jahreszeit nach wie vor die Hauptsaiso­n für Einbrecher?

Schleier Ja. Mit Beginn der dunklen Jahreszeit gehen die Täter vermehrt vor - die Einbruchsz­ahlen steigen. In den Monaten von Oktober bis März verzeichne­n wir die meisten Taten.

Spielt die Uhrzeit eine Rolle – wird öfter nachts oder tagsüber eingebroch­en?

Schleier Die Uhrzeit spielt hierbei eine erhebliche Rolle. Da die Täter kein Interesse haben, erkannt oder entdeckt zu werden, nutzen sie die Abwesenhei­t ihrer Opfer. Deswegen verzeichne­n wir etwa 90 Prozent aller Einbrüche zwischen 8 und 22 Uhr. Also letztlich genau in der Zeit, zu der viele Menschen arbeiten, einkaufen oder ihren Freizeitak­tivitäten nachgehen.

Sind Wohnungen oder Einfamilie­nhäuser gefährdete­r?

Schleier Das kommt natürlich auch auf die Beschaffen­heit und Struktur eines Landkreise­s oder einer Stadt an. Da wir im Rheinisch-Bergischen Kreis sehr viele Einfamilie­nhäuser haben, ist bei uns die Anzahl der Einbrüche in solche Objekte dementspre­chend höher als in Mehrfamili­enhäuser.

Wie kann man sich am wirkungsvo­llsten schützen?

Schleier Vom Grundsatz her gilt: Mechanik vor Elektronik. Fenster und Türen mit Schutzbesc­hlägen sind daher zwingende Grundausst­attung. Darauf kann man dann gerne mit Technik – sprich Einbruchme­ldeanlage, Videoüberw­achung oder Smart-Home-Komponente­n – aufsatteln. Da es in diesem Bereich vielfältig­e Möglichkei­ten für effektive Sicherunge­n gibt, empfehlen wir immer eine kostenlose und neutrale Beratung durch die Kriminalpo­lizei.

Gibt es Dinge, die man keinesfall­s

tun oder lassen sollte?

Schleier Keinesfall­s sollte man signalisie­ren, dass man nicht zu Hause ist. Das bedeutet etwa, dass der Briefkaste­n nicht überquelle­n sollte, dass am Tage der Müllabholu­ng die Tonnen nicht am Straßenran­d stehen bleiben dürfen, und dass das Haus oder die Wohnung bei Dämmerung nicht unbeleucht­et sein sollte. Daher empfiehlt die Polizei im Bedarfsfal­l, Nachbarn mit der Betreuung des Objekts zu betreuen. Außerdem sollte man tunlichst darauf achten, auch bei nur kurzer Abwesenhei­t Haus- und Wohnungstü­ren abzuschlie­ßen und auch die Fenster zu schließen. Denn: Auch ein auf Kipp stehendes Fenster ist eine Einladung für jeden Einbrecher.

Wie sinnvoll sind etwa automatisc­he Jalousien oder Bewegungsm­elder?

Schleier Automatisc­he Jalousien sind durchaus sinnvoll. Mit Hilfe

von Zeitschalt­uhren werden die Jalousien hoch- und runterbewe­gt und simulieren somit die Anwesenhei­t der Bewohner. Das ist wichtig. Bewegungsm­elder und Lampen im Außenberei­ch sind auch eine sinnvolle Ergänzung. Einbrecher agieren natürlich am liebsten unerkannt und wollen nicht im „Scheinwerf­erlicht“stehen. In diesem Zusammenha­ng sollte man auch darauf achten, den Bewuchs um das Haus herum niedrig zu halten. Hohe Büsche und Sträucher sind auch für Einbrecher ein guter Sichtschut­z.

Was gibt es zum Thema Alarmanlag­en zu sagen?

Schleier Grundsätzl­ich rät die Polizei, sämtliche Zugänge erst einmal mechanisch zu sichern. Ein nächster Schritt kann dann eine Alarmanlag­e oder Smart-Home-Anlage sein. Hierbei ist natürlich zu beachten, dass möglichst zertifizie­rte Systeme verbaut werden. Diese funktionie­ren zuverlässi­g und verursache­n in aller Regel keine Fehlmeldun­gen. Auch hier empfiehlt sich die kostenfrei­e Beratung durch den Fachmann der Kriminalpr­ävention aus Bergisch Gladbach.

Was sollte man im Fall des Falles machen, wenn man Opfer eines Einbruchs wurde?

Schleier Melden Sie den Einbruch umgehend der Polizei! Lassen Sie den Tatort so, wie Sie ihn vorgefunde­n haben, um keine Spuren zu vernichten! Solch eine Tat hat auch immer Einfluss auf das Wohlbefind­en und das persönlich­e Sicherheit­sgefühl in den eigenen vier Wänden. Scheuen Sie sich nicht, die Opferschüt­zer der Polizei anzusprech­en, wenn Sie merken, dass sie von der Tat belastet sind.

DAS INTERVIEW FÜHRTE WOLFGANG WEITZDÖRFE­R

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FOTO: VFF Wenn Einbrecher mit einem Kuhfuß zu Werke gehen, halten ungesicher­te Fenster kaum stand.
 ?? FOTO: POLIZEI ?? Matthias Schleicher ist beim Fachkommis­sariat Kriminalpr­ävention der Kreispoliz­eibehörde Bergisch Gladbach tätig.
FOTO: POLIZEI Matthias Schleicher ist beim Fachkommis­sariat Kriminalpr­ävention der Kreispoliz­eibehörde Bergisch Gladbach tätig.

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