Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Hilfe für Schuldenstädte – Laschet findet Verbündete
Der NRW-Ministerpräsident erhöht mit seiner Initiative für arme Kommunen den Druck auf Berlin. Zwei Länderchefs unterstützen ihn.
DÜSSELDORF Die Regierungschefs von Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland haben ihren Druck auf die Unionsfraktion in Berlin erheblich verstärkt, die 2500 am stärksten verschuldeten westdeutschen Kommunen durch einen Altschuldenfonds zu entlasten. „Die Bekämpfung der Altschulden fußt auf dem Koalitionsvertrag, den auch die Bundestagsfraktion mitgetragen hat“, sagte NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) mit Blick auf die Union im Bundestag. Die Initiative von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) zum kommunalen Altschuldenabbau sei „richtig und mutig“. NRW werde sich daran „substanziell beteiligen“, sagte der CDU-Politiker dem „Handelsblatt“.
Eine solch klare Positionierung hatte Laschet bisher vermieden. Er stellte sich damit gegen die Unionsfraktion. Deren Chef Ralph Brinkhaus hatte eine Altschuldenübernahme durch den Bund mit deutlichen Worten abgelehnt. Für die Entschuldung der Kommunen seien nach der Verfassung allein die Länder zuständig. Ungeachtet dessen treibt Finanzminister Scholz das Thema voran. Scholz führe mit den betroffenen Ländern Gespräche über den Altschuldenfonds, hieß es in den Staatskanzleien.
Davon würde vor allem Nordrhein-Westfalen profitieren. Von den insgesamt 35 Milliarden Euro an
Kassenkrediten der 2500 am meisten verschuldeten Städte entfallen allein 23 Milliarden auf NRW-Kommunen wie Oberhausen, Gelsenkirchen oder Hagen. Der Plan von Scholz sieht vor, dass der Bund 50 Prozent der Altschulden übernimmt und die Länder die andere Hälfte. Allerdings müsste dem die Mehrheit der Länder im Bundesrat zustimmen, was bisher nicht absehbar ist. Zudem dürfte die Altschuldenübernahme ohne eine Grundgesetzänderung nicht zu machen sein, weil der Bund keine direkten Finanzbeziehungen zu den Kommunen unterhalten darf. Die dafür nötigen Zwei-Drittel-Mehrheiten im Bundestag und Bundesrat sind unwahrscheinlich.
Finanzminister Scholz begrüßte die Äußerungen Laschets. „Es freut mich, dass NRW meinen Vorschlag unterstützt. Wir müssen gemeinsam dafür sorgen, dass hoch verschuldete Kommunen wieder Luft zum Atmen bekommen“, sagte er unserer Redaktion. „Das gelingt nur mit Solidarität ohne Eifersucht. Wenn alle, denen es gut geht, auch etwas haben wollen, klappt es nicht“, warnte er.
Neben Laschet erhöhte ein weiterer CDU-Ministerpräsident den Druck auf die Parteifreunde in Berlin. „Gleichwertige Lebensverhältnisse dürfen keine leere Worthülse bleiben, wir brauchen eine faire Lösung für die kommunalen Altschulden“, sagte Saarlands Regierungschef Tobias Hans (CDU). „Es braucht jetzt ein beherztes konkretes Signal des Bundes, um für gleichwertige Lebensverhältnisse zu sorgen.“Auch die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer (SPD), appellierte an Bund und Länder, dem Altschuldenfonds für die 2500 Kommunen zuzustimmen.
Ende 2019 war die Finanzlage von 145 NRW-Kommunen so prekär, dass sie zu ihrem eigenen Schutz unter die sogenannte Haushaltssicherung gerieten. Das bedeutet: Sie dürfen kaum noch eigenmächtig über ihre Ausgaben entscheiden. Roland Schäfer, Präsident des Städteund Gemeindebundes in NRW, räumte ein, dass die NRW-Kommunen teilweise auch finanzielle Fehler gemacht hätten. „Man kann die Kommunalaufsicht deutlich strenger gestalten“, sagte Schäfer.