Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Tempo 130: Warum nicht?

- VON MORITZ DÖBLER

Ein generelles Tempolimit auf deutschen Autobahnen wäre ein Eingriff in individuel­le Freiheitsr­echte: Wer das sagt, äußert nicht eine Meinung, sondern beschreibt ein Faktum. Die Frage, die jetzt – wieder – zu diskutiere­n ist, lautet: Gäbe es dafür ausreichen­de Gründe?

Neu ist, dass der ADAC sich erstmals nicht grundsätzl­ich dagegen ausspricht. Vernünftig­e Gründe für unbegrenzt­es „Heizen“gab es ohnehin immer weniger. Wann kann man denn deutlich schneller als 130 fahren? Auf vielen Abschnitte­n gilt längst ein Tempolimit, gerade in NRW; auf anderen bestimmen Staus den Verkehrsfl­uss. Auf Langstreck­en ist ein Durchschni­tt von 100 bis 120 Kilometer pro Stunde selten zu toppen, nur nachts geht es schneller. „Freie Fahrt für freie Bürger“, das war einmal.

Und ist es denn wirklich ein Ausdruck von Freiheit, ein paar Kilometer mit 200 oder 250 über die Autobahn zu knallen? Selbst Menschen, die Spaß daran haben und Autos mögen, sehen solche Vollgaseta­ppen als eher unvernünft­ig an. Denn Verbrauch und Umweltbela­stung steigen, erst recht, wenn man immer wieder bremst und beschleuni­gt. Die Folgen von Unfällen sind schwerwieg­ender, es geht also um Menschenle­ben. Und das Miteinande­r von schnellen und langsamen Fahrzeugen führt gelegentli­ch zu einer Aggressivi­tät am Steuer, für die sich bei aller Freude am Fahren kein Verständni­s aufbringen lässt.

Unserer Gesellscha­ft täte mehr Gelassenhe­it gut, auch auf der Autobahn. Wenn jetzt die Bleifuß-Lobby einlenkt, könnte ein neuer Tempolimit-Vorstoß eine politische Mehrheit finden. Knapp zwei Jahre vor der nächsten Bundestags­wahl, bei der ein schwarz-grünes Bündnis gute Chancen haben dürfte, mag die Zeit gekommen sein. Und warum auch nicht? Die Vernunft spricht dafür, die Freiheit würde kaum eingeschrä­nkt. BERICHT ADAC STELLT SICH NICHT MEHR..., TITELSEITE

Newspapers in German

Newspapers from Germany