Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Humorvoll-tiefgründige E-Mail-Romanze im Film-Eck
WERMELSKIRCHEN (wow) „Gut gegen Nordwind“, jene so unterhaltsame wie tragikomische Liebesgeschichte des österreichischen Autors Daniel Glattauer, in der sich Emmi und Leo per E-Mail kennenlernten und so rein schriftlich ineinander verliebten, blieb zum Ende hin ja eine unerfüllte Romanze. Das Buch war ein Welterfolg, das Theaterstück ebenso. „Alle sieben Wellen“hieß nun die Fortsetzung, die neuneinhalb Monate später den Erzählfaden wieder aufnahm. Der Nachfolge-Roman, in Form eines Theaterstücks wurde vom hervorragend harmonierenden Duo Katja Heinrich als Emmi und Harald Schwaiger als Leo in der ersten Theaterveranstaltung des neuen Jahres im Film-Eck aufgeführt. Das Kino war beinahe voll besetzt und das Publikum freute sich sichtlich und hörbar darüber.
Die beiden E-Mail-Verliebten hatten einander zum Ende von „Gut gegen Nordwind“aus den Augen verloren, Emmi konnte das aber nicht verwinden und schrieb Leo Nachricht über Nachricht. Auf die er jedoch nicht reagierte. Bis dann eines Abends doch eine Antwort kam. Leo, der in Boston eine Frau namens Pamela kennengelernt hatte, Emmi, die nach wie vor verheiratet war, die beiden, deren Liebe und Bild des Anderen eine Illusion war, wollten sich nun doch endlich treffen. Und wie es bei so einer Erwartungshaltung sein musste, war dieses erste Treffen eine Enttäuschung. Dabei sagte Leo doch schon vorher: „Ich habe einen riesigen Schrank voller Gefühle für dich. Aber dafür habe ich auch einen Schlüssel, der internationale Gültigkeit hat: Er heißt Vernunft.“
Das erste Treffen der beiden war nur ein Wimpernschlag im Leben, ein möglicherweise enttäuschender. Aber dennoch konnten die beiden, eigene Partner zum Trotz, auch fortan nicht voneinander lassen. Und schrieben weiter hin und her. Da stellte man sich als Zuschauer
schon bald die Frage, warum diese beiden so offensichtlich füreinander bestimmten Menschen sich nicht schon im ersten Teil bekommen hatten... Aber, wie sich im weiteren Verlauf des Stücks zeigte, war das ja nicht so ganz einfach. Wobei es letztlich natürlich doch zum Happy End kam, allein, der Weg dorthin war sehr unterhaltsam, wenngleich steinig.
Von der Inszenierung her war die schriftliche Beziehung der beiden so simpel wie einfallsreich gelöst worden. Denn die Bühne war zweigeteilt, links war das Wohnzimmer von Emmi, rechts jenes von Leo. Die E-Mails waren die so spritzigen wie tiefgründigen Dialoge zwischen den beiden Akteuren. Die warfen sich die Bälle wie in einem lebendig gewordenen Internet-Chat zu. Das war manchmal frech und witzig, so dass man herzhaft mitlachen konnte, dann wieder aber auch von einer tatsächlich nahegehenden Verletzlichkeit und Sensibilität, die einen im Innersten berührte. Daniel Glattauers große Stärke waren diese Dialoge. Sie waren es, die seine Bücher auch auf der Bühne so besonders werden ließen. Die beiden Schauspieler setzten sie hingegen so gut um, dass der anhaltende Applaus zum Ende des Stücks die einzig denkbare Konsequenz war.