Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Auf ein Schwätzchen beim neuen Bäcker
Dennis und Annika Ullrich haben in Dhünn ein kleines Café eröffnet – um noch mehr Raum für ein aktives Dorfleben und ein gutes Miteinander zu schaffen.
DHÜNN Als die Tür aufgeht, empfängt Annika Ullrich den älteren Herrn mit einem Strahlen. „Guten Morgen“, sagt sie von ihrem Platz hinter der Theke, „einen Kaffee und ein Brötchen?“Der Herr nimmt seinen Hut ab, nickt freundlich und sucht sich einen Platz direkt an der großen Fensterscheibe – mit einem guten Blick auf die Hauptstraße. Und es dauert keine fünf Minuten, da gesellt sich eine Dame dazu, fragt nach seinem Befinden. Die beiden kommen ins Gespräch.
Währenddessen verschwindet Annika Ullrich in die kleine Küche und Ehemann Dennis übernimmt die Theke. Er kocht Kaffee und Kakao, begrüßt die neuen Kunden, die über die Schwelle treten, lädt sie ein, einen Augenblick in den tiefen Sesseln in der Sitzecke Platz zu nehmen oder an dem gemütlichen Esstisch. Und schnell sind alle Plätze belegt: Einheimische und Bauarbeiter auf der Durchreise nehmen Platz, gönnen sich einen Kaffee, ein belegtes Brötchen oder ein Stück Kuchen. „Genauso hatten wir uns das gewünscht“, sagt Dennis Ullrich, als er einen Augenblick Zeit zum Durchatmen hat, „die Menschen sollen bei uns einen Platz finden, um für einen Augenblick zur Ruhe und miteinander ins Gespräch zu kommen.“
Das Risiko, das Dennis und Annika Ullrich dafür eingehen, ist hoch. Die 28-Jährige hat gerade Sohn Lio zur Welt gebracht, und einen gastronomischen Beruf haben weder sie noch ihr Mann gelernt. „Aber hier steckt unser Herzblut drin“, sagt Dennis Ullrich und blickt auf die Bäckertheke, auf die kleine Sitzecke, in der inzwischen munteres Geplauder herrscht.
Im Januar hat die Bäckerei Bauer ihren kleinen Verkaufsraum an der Hauptstraße in Dhünn aufgegeben. „Das Geschäft hat sich nicht mehr rentiert“, sagt Dennis Ullrich. Und weil sein Vater das Haus bereits vor einigen Jahren gekauft hatte, beriet die Familie nach der Kündigung der Bäckerei über die Zukunft. Da arbeiteten Dennis und Annika Ullrich noch als Hauseltern im Gemeindezentrum der Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinde in Dabringhausen.
„Ich bin in Dhünn großgeworden“, erzählt Dennis Ullrich, „mir liegt an diesem Ort.“Und deswegen habe er in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten mit Bedauern festgestellt, dass es immer schlechter um die Infrastruktur bestellt sei. Als nun der Leerstand im Haus seines Vaters anstand, begann er mit seiner Frau zu träumen. „Ich habe viel gemacht“, sagt er und denkt an die Ausbildung zum Kinderpfleger, dann in der Zahntechnik, schließlich die Hauswirtschaftsschule und dann die Ausbildung zum Medientechnischen Assistenten. „Aber jetzt habe ich zum ersten Mal das Gefühl, dass ich angekommen bin“, sagt er.
Er ist gemeinsam mit Annika und Lio zurück nach Dhünn gezogen, die Familie hat renoviert, neue Farbe und auch ein paar neue Möbel in „Ullrichs Stübchen“gestellt, die Theke vom Vormieter übernommen und verkürzt, so dass Platz für eine kleine Sitzecke entstand. Er backt nicht selbst, sondern baut auf ein Netzwerk: „Christian Bauer hat uns sehr unterstützt bei der Umsetzung unseres Plans“, sagt Ullrich. Jeden Morgen um 5 Uhr holt er das frische Gebäck bei Bauers ab, eine Stunde später eröffnet er in Dhünn. Aufschnitt
und Käse kommen vom Thomashof, für den Kaffee hat er einen Vertragspartner gefunden. „Uns geht es um das Miteinander in Dhünn“, sagt Ullrich, „wir wollen unseren Teil geben und sind natürlich auf die Menschen im Dorf angewiesen.“
Vor der Eröffnung sind Annika und Dennis Ullrich beim Hof-Café und im Frischemarkt vorstellig geworden – und haben betont, keine Konkurrenz, sondern eine Ergänzung sein zu wollen. „Wir verzichten bewusst darauf, Waffeln zu backen“, sagt Annika Ullrich, „das bleibt Sache des Hof-Cafés.“Stattdessen gibt es Kuchen, Brötchen und auch mal was Selbstgemachtes – wie besondere Brotaufstriche, vielleicht auch mal Crêpes.
Inzwischen ist es kurz vor 12 Uhr. Eigentlich machen die Ullrichs den Laden mittags für ein paar Stunden zu. Aber noch sind alle Plätze besetzt, die Menschen im Gespräch. Und da guckt Dennis Ullrich dann auch nicht auf die Uhr.