Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Imbiss-Zelte müssen weg
Das Gestaltungshandbuch für die City sorgt bei Gastronomen und Händlern für fragende Gesichter.
INNENSTADT (AWe/wey) Kurz vor Weihnachten bekam Hans Wiemer Post von der Stadt: Das Zelt vor seinem Imbiss „Beim Hennes“auf der Alleestraße muss weg. „Das ist für uns katastrophal“, sagt der Gastronom. Was ihn mindestens genauso ärgert, ist, dass er keine Ahnung hat, was er nun statt des Zeltes aufstellen darf. Die Formulierungen seien bestenfalls schwammig, ärgert sich Wiemer: „Die wissen doch selber nicht, was sie wollen.“
Ende 2019 begann die Verwaltung damit, das 2018 vom Stadtrat beschlossene Gestaltungshandbuch für die Innenstadt umzusetzen. In einem ersten Schritt wurden zahlreiche Sondernutzungsgenehmigungen widerrufen. Ziel ist es, das Erscheinungsbild der Alleestraße aufzuwerten. Warenpräsentation auf Paletten, übergroße Werbeaufsteller und Zelte sind verboten.
Bis zu 300 Gäste würden sein beheiztes Zelt jeden Tag nutzen, sagt Wiemer: „Wir sind seit 35 Jahren auf der Alleestraße und das Geschäft läuft gut.“In der kalten Jahreszeit auch und vor allem dank des Zelts.
„Dass wir aufhören müssen und hier noch ein Leerstand entsteht, kann ja nicht gewünscht sein.“
Per Telefon und E-Mail habe er erst eine Verlängerung bis Ende Januar, dann bis Ende März erreicht, berichtet Wiemer. „So kommen wir wenigstens über den Winter.“Wie es danach weitergehe, sei derzeit unklar. Laut Gestaltungshandbuch ist eine „leicht wirkende Möblierung aus hochwertigen Materialien“erlaubt. Was genau das bedeutet, kann Wiemer aber nicht sagen. „Warum sucht die Stadt nicht einfach drei Modelle aus und wir nehmen eines davon?“, fragt er.
Dass das Gestaltungshandbuch „nicht so im Detail“ausgearbeitet wurde, sei aber durchaus Absicht, erklärt Heinrich Ammelt, Abteilungsleiter Stadtentwicklung bei der Verwaltung: „Würden wir die Gastronomen zu sehr einschränken, würde das erst recht Widerspruch hervorrufen.“Und eine Festlegung auf bestimmte Möbelmodelle sei aus wettbewerbsrechtlichen Gründen für die Stadt nicht möglich.
Das Gestaltungshandbuch gebe eine Bandbreite vor, sagt Ammelt: „Darin können sich die Einzelhändler und Gastronomen bewegen.“Im Zweifel sei das Innenstadtmanagement der richtige Ansprechpartner. „Dort gibt es mit Christian Wlost einen Architekten, der mit den Betroffenen Lösungen erarbeiten kann.“
Besser sei es, wenn die Gastronomen sich absprechen, so Ammelt, der auf die Alte Bismarckstraße verweist. Mit dem dortigen Verein „My Viertel“gebe es gute Kooperationen: „Wenn sich die Gastronomen auf der Alleestraße einigen und zusammen die Stadt ansprechen, rennen sie offene Türen ein.“Ralf Wieber, Geschäftsführer der ISG Alleestraße, weiß um die Nöte der Händler und Gastronomen. Im Falle der überdachten Imbisse vertritt er eine klare Meinung: „Die Zelte auf der Allee haben mir von Anfang an nicht gefallen. Es gibt doch mehr Zelte als an der Bevertalsperre.“
Wenn diese tatsächlich abgebaut werden, stellt sich für Wieber die Frage, was mit den großen „Sichtbremsen“im mittleren Teil der Allee passiert: den Pavillons. Standortentwickler Edgar Neufeld hatte schon vor längerer Zeit nahegelegt, sie abzureißen. Eine freie Sicht über die lange, abschüssige Allee könne ein positives Signal für die Innenstadtbelebung bedeuten. Im Zuge des Sanierungskonzeptes beschäftigt sich das Bochumer Büro Stadtguut derzeit mit einer Analyse des Ist-Zustandes auf der Allee. Wie Wieber zu seiner Zufriedenheit von Stadtguut-Mitarbeitern hörte, befindet sich Neufelds Konzept zur Allee in ihren Unterlagen.