Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Motorradlärm – Schilder bringen wenig
Für eine aussagekräftige Bilanz ist es vielleicht noch etwas zu früh. Erste Erkenntnisse lassen aber darauf schließen, dass die Hinweise für die Motorradfahrer noch nicht den gewünschten Erfolg haben. Die neue Saison beginnt wieder im März.
HÜCKESWAGEN Seit Ende August 2019 stehen die Schilder gegen Motorradlärm an sieben Stellen im Stadtgebiet, aber entscheidend verändert hat sich wohl noch nichts. Für eine erste aussagekräftige Bilanz mag es zwar auch noch etwas zu früh sein, schließlich standen die Schilder, die wegen eines Brands in der Fabrik erst verspätet ausgeliefert wurden, nur etwa zwei Monate und kamen dann ins Winterlager. Im März werden sie aber wieder aufgestellt und sollen dann vor allem die Motorradfahrer täglich daran erinnern, nicht ganz so laut durch die bergische Landschaft zu fahren und damit für etwas mehr Entspannung und Ruhe bei den Anwohnern zu sorgen. Die Kernaussage der Schilder ist unmissverständlich: Auf der Collage sind über einem schlafenden Baby drei Motorradfahrer zu sehen. Das „pssst. . .“und „Rücksicht“soll die Biker daran erinnern, möglichst leise zu fahren.
Dieses Ziel ist bislang noch nicht erreicht worden, findet Frank Felbeck, dessen Versicherungsagentur direkt an der L 101 in Dreibäumen liegt. Er erlebt es täglich und findet, dass noch mehr Erfahrungen gesammelt werden müssen, um zu bewerten, ob die Schilder etwas bringen. „Noch scheinen sie nicht großartig durchgedrungen zu sein und keinen Nachhall zu erzeugen“, sagt er. Aber er gebe die Hoffnung nicht auf, zumal er ja schon immer propagagiert habe, dass Polizei und Kreis stärker kontrollieren müssten. Die Schilder könnten nur ein kleines Mosaiksteinchen sein. Sie seien ein Appell, ein Aufruf.
Felbeck ist selbst Motorradfahrer und hat einen Blick dafür. Es gehe ihm auch um zu schnelle Pkw und Lkw. „Vor 14 Tagen wurden meine Frau und ich zwischen Scheideweg und Dreibäumen im Überholverbot bei erlaubtem Tempo 70 von einem Lkw überholt. Wir haben es kaum geglaubt“, berichtet Felbeck. Vor allem in den sozialen Medien kämen die Beschwerden lärmgeplagter Anwohner oft als Gemecker rüber, „aber wir erleben den Wahnsinn hier täglich“, sagt er. In einer geschlossenen Ortschaft werde ohne Rücksicht gerast, würden Motoren laut aufheulend in Gang gesetzt. In der Woche sei es dagegen noch verhältnismäßig ruhig, aber am Wochenende oder an Feiertagen, wenn der Freizeitverkehr einsetze, sei es enorm. Da wird der Spaziergang mit seinem
Hund zu einer Herausforderung – inklusive mulmiges Gefühl, wenn das menschlich-tierische Gespann entlang der L 101 gehen muss.
Felbeck hat sich auch schon mal einen Spaß gemacht und Handy-Videos gedreht – Ergebnis: innerhalb von einer Stunde zwölf bis 13 Motorradfahrer, die das Überholverbot ignorierten. „Deshalb glaube ich, dass die Schilder gegen den Motorradlärm nur ein kleiner Baustein sind, ohne Kontrolle werden sie keinen Erfolg haben“, vermutet er und erneuert seine Kritik an dem versetzten Ortseingangsschild, das vom Straßenverkehrsamt des Kreises wegen der geschlossenen Bebauung, so die Begründung der Behörde, vom Standort am Golfplatz näher an die Ortschaft fast genau auf Höhe seiner Versicherungsagentur versetzt wurde. „Autofahrern soll das angeblich auffallen, aber die fahren jetzt noch viel länger 70 Stundenkilometer“, sagt Felbeck.
Die Menschen, die so etwas entscheiden, seien nicht vor Ort, und das sei ein großes Problem. Es gebe Lärmkarten beim Kreis, in denen Strecken eingezeichnet sind, die als hochbelastet eingestuft werden. Dazu zählen in Hückeswagen nach Angaben von Felbeck die B 237 Richtung Wipperfürth, die Strecke ausgangs von Bergisch Born und der Abschnitt zwischen Scheideweg und Dreibäumen. Felbeck: „Aber das sind nur statistische Werte aufgrund des verstärkten Individualverkehrs.“
Kinder, ältere Menschen und Gehbehinderte würden da keine Rolle spielen.
Bei der Stadtverwaltung sind noch keine Rückmeldungen zu den Schildern erfolgt. „Im Februar werden wir mit der Bürgerinitiative sprechen“, kündigt Roland Kissau vom Ordnungsamt an. In den sozialen Netzwerken gebe es sehr unterschiedliche Meinungen. „Acht Verfasser, zehn Meinungen“, sagt Kissau. Von „ist nicht schlecht“bis „Geld für was Sinnvolleres ausgeben“reiche die Bandbreite der Aussagen. Kissau glaubt, dass die Schilder erfolgreich sind, wenn 30 Prozent der Motorradfahrer sich entsprechend verhalten. In Zahlen seien die Schilder sonst aber nur schwer messbar.
Die Bürgerinitiative gegen den Motorradlärm sieht es ähnlich: „Wir hatten auch nicht erwartet, dass die Schilder viel bringen“, heißt es. Da müsse noch viel mehr geschehen: Tempo reduzieren, Überholverbote, mehr Kontrollen. Insgesamt gebe es zwar weniger Unfälle, aber nicht auf dem Land, argumentieren die Bürger. Ihre Forderung: 80 Dezibel als maximale Obergrenze für alle Kraftfahrzeuge, außerdem eine Halterhaftung. Die Bürger wünschen sich eine „schnellere Politik“. Rat, Politik und Bürgermeister setzten sich gut ein, aber die Mühlen der Bürokratie mahlten sehr langsam. „Wir sind froh, dass wir in Hückeswagen gemeinsam was machen und arbeiten viel im Hintergrund“, teilt die Initiative mit.