Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Zweige für den Himmel, Rosen für die Erde
Wenn Marianne Pucks ein Kunstwerk plant, geht sie oft erst einmal in den Wald. Dort sammelt sie Zweige und Blumen. Die Künstlerin macht daraus Ikebana-Gestecke.
Die Kunstwerke können bunt sein und aus unterschiedlichen Blumen bestehen. Oder eine Blüte mit etwas Grün drum herum steht im Mittelpunkt. Wer Blumensträuße und Gestecke zusammenstellt, hat also viele Möglichkeiten. Das Ergebnis ist deshalb oft ein richtiges Kunstwerk. So ist es auch bei Marianne Pucks. Sie gestaltet aus Blumen, Zweigen, Wurzeln, Blättern, Früchten und Gemüse Ikebana. Diese Kunst des Blumensteckens kommt aus Asien. Das Besondere: Beim Ikebana werden Zweige und Blumen nach genauen Regeln gesteckt. Heute will Frau Pucks ein einfaches Ikebana machen. Alles, was sie dafür benutzt, hat eine bestimmte Bedeutung. Ein langer Zweig steht für den Himmel, ein mittellanger Zweig für den Menschen und kurz geschnittene Blumen für die Erde.
Auf dem Tisch steht schon alles bereit: eine mit Wasser gefüllte flache Schale, zwei Scheren, die Blumen. Dazu kommt ein so genannter Blumenigel aus schwerem Metall, in den man die Zweige stecken kann. Marianne Pucks schaut sich den Weidenzweig genau an. Dann greift sie zur Schere, um Ästchen abzuschneiden. Die stören die Linie, die sie bekommen will. Der Weidenzweig soll später für den Himmel stehen. Deshalb muss er eine bestimmte Länge haben. Frau Pucks erklärt: „Dafür misst man den Durchmesser der Schale aus, nimmt die Höhe dazu und dieses Maß mal zwei.“Klingt nach einer komplizierten Matheaufgabe. Frau Pucks aber hält den Zweig nur zweimal gegen die Schale und schneidet los.
Jetzt steckt sie den Weidenzweig in den Blumenigel und neigt ihn zur Seite. Wie weit sie den Zweig neigen muss, ist festgelegt. Auch der Zweig, der den Menschen symbolisiert, ist schnell zurechtgeschnitten. Er muss kürzer sein als der Himmel, genau dreiviertel so groß. Und er steht noch schräger in der Schale als der Weidenzweig. Jetzt schneidet Frau Pucks noch einen Hilfszweig zurecht, Jushi genannt. Nun nimmt sie die Rosen. Sie stellen die Erde dar. „Die Zahl der Blüten muss ungerade sein“, erklärt sie. Gerade Zahlen bringen laut Ikebana Unglück. dpa