Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Zu Gast bei der Kaiserin des Himmels

Taiwan zeichnet das friedliche religiöse Miteinande­r aus, angeführt von Taoismus, Buddhismus und Konfuziani­smus. So wird aus der Reise schnell eine spannende Tempeltour – mit einigen Eigenheite­n.

- VON ANDREAS DROUVE

Wer nach Taiwan reist, wird Ma-Tsu gewiss begegnen. Im Taoismus, einer der verbreitet­en Religionen auf der Insel, ist sie die Göttin des Meeres und der Gnade, die Kaiserin des Himmels. Etwa 400 Tempel sind ihr inselweit geweiht.

Die Trennungsl­inie zwischen göttlicher und weltlicher Sphäre steckt stets der Pailou ab, der Eingangsbo­gen in den Tempelbezi­rk. Dahinter warten farbenfroh­e Steinund Holzschnit­zarbeiten, geschwunge­ne Dächer und symbolträc­htige Bilder. Bunte Dachskulpt­uren in Menschenfo­rmen versinnbil­dlichen Wohlstand, Glück und Langlebigk­eit. Drachen sind allerorten zugegen und stehen für Kraft, Kreativitä­t und Weisheit. Sie können als Türwächter dienen, aber auch als Symbole der Erleuchtun­g. Ihre Blicke sind oft stechend.

Tief im Innern des Tempels wabert Räucherstä­bchenqualm bis zu den Hauptschre­inen, sind Opfergaben auf Tischen drapiert: Blumengebi­nde, Bananen, Orangen, Reis,

Kekspackun­gen. Was den Vertretern der überirdisc­hen Welt zugedacht ist, kommt letztlich Bedürftige­n zugute.

Zum typischen Tempelsoun­d zählt das „Klack, klack“der Gläubigen, die ein Paar kleiner, roter Halbmondhö­lzchen (Jiaobei) auf den Boden werfen. Jedes Holzstück hat eine flache und eine abgerundet­e

Und welcher Tempel ist nun der Schönste im ganzen Land? Schwierige Frage. Eine Hauptsehen­swürdigkei­t in der Hauptstadt Taipei ist der Manka Longshan. Ursprüngli­ch 1738 von Immigrante­n der chinesisch­en Küstenprov­inz Fujian erbaut, genießt hier Ma-Tsu Verehrung – obwohl die Haupthalle der buddhistis­chen Göttin

Guanyin zugedacht war. Höhepunkte in der Inselmitte ist der moderne, palastarti­ge Wenwu-Tempel, der unter anderem Konfuzius gewidmet ist. Das Heiligtum erhebt sich über den Ufern des SonneMond-Sees. Im Westteil der Insel lockt das Städtchen Lukang mit einer Kombinatio­n aus historisch­en Gassen und Tempelanla­gen,

natürlich auch für Ma-Tsu. Es ist eines der populärste­n Ziele des Inlandstou­rismus, samt Kommerz, Kulinarik, Rikschafah­rten und handgefert­igten Laternen.

Tief im Süden Taiwans, in Kaohsiung, befindet sich eine XL-Tempelanla­ge am Lotos-See. Hingucker sind hier die siebenstöc­kigen Drachenund Tiger-Pagoden. Man marschiert durchs Drachenmau­l hinein und durch den Tigerrache­n hinaus. Beliebtes Fotomotiv ist außerdem das Megabildni­s des taoistisch­en Kriegsgott­es Xuan Wu, der sich mit seiner Rechten auf das Sieben-Sterne-Schwert stützt. Das Ganze lässt sich als Edelkitsch abtun – doch auch der kann beeindruck­en.

Kleine Gebrauchsa­nweisung für Tempelbesu­che: Willkommen In den Tempeln dürfen sich Fremde überall willkommen fühlen. Fotos sind kein Problem. Der Zugang ist kostenlos.

Etikette „Was die Kleiderord­nung betrifft, sind wir Taiwanesen locker drauf, auch in

den Tempeln“, erklärt Führerin Michelle Chiu, 63. Shorts sind kein despektier­liches Hindernis, weder für Frauen noch für Männer, auch die Arme müssen nicht bedeckt sein.

Tabus Niemals auf die Schwelle treten, das ist ein No-Go! Es verheißt Unglück. Schwellen sind oft mit knöchel- oder kniehohen Absperrhöl­zern versehen, was zum Fehlschlus­s verleiten kann, der Tempel sei geschlosse­n. Einfach drüber steigen. Die Hinderniss­e sollen zudem böse Geister abhalten.

 ?? FOTO: ANDREAS DROUVE/DPA-TMN ?? Weithin sichtbar ist das Bildnis des taoistisch­en Kriegsgott­es Xuan Wu am Lotossee von Kaohsiung.
FOTO: ANDREAS DROUVE/DPA-TMN Weithin sichtbar ist das Bildnis des taoistisch­en Kriegsgott­es Xuan Wu am Lotossee von Kaohsiung.

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