Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Psychologi­e boomt

Das Fach ist gefragt wie nie. Wer es studiert, kann sich für unterschie­dliche Berufsfeld­er qualifizie­ren.

- VON ISABELLE DE BORTOLI

MÜNSTER Die Zahl der Psychologi­e-Studierend­en an den deutschen Hochschule­n hat sich im Zeitraum von 2005 bis 2015 weit mehr als verdoppelt – und das trotz hoher Zulassungs­voraussetz­ungen. Ein Abitur mit einem Spitzensch­nitt von 1,0 bis 1,3 muss haben, wer einen der begehrten Plätze ergattern will. Und dennoch ist Psychologi­e etwa an der Uni Münster das begehrtest­e Fach: Auf keinen anderen Studiengan­g bewerben sich dort so viele Studienint­eressierte wie auf den Bachelor in Psychologi­e. 5428 Bewerbunge­n gingen in Münster für das aktuelle Winterseme­ster ein – auf gerade mal 141 Plätze. Auf einen Platz kamen also 38,5 Bewerber – der Spitzenwer­t für alle Fächer an der Universitä­t.

Diesen Andrang können alle deutschen Hochschule­n mit Psychologi­e-Angebot bestätigen: Bundesweit boomt das Fach und ist mit knapp 80.000 Studierend­en eines der zehn gefragtest­en Studienfäc­her in Deutschlan­d. Doch warum lockt die Psychologi­e Tausende Abiturient­en an die Hochschule­n? Zum einen sei sie eine fasziniere­nde Wissenscha­ft, da sie sich mit dem menschlich­en Erleben und Verhalten befasse, zum anderen locke der attraktive Arbeitsmar­kt, so die Präsidenti­n der Deutschen Gesellscha­ft für Psychologi­e, Birgit Spinath. „Ein Psychologi­e-Studium eröffnet viele Arbeitsfel­der rund um die Themen Gesundheit, Arbeit, Bildung und natürlich in Forschung und Lehre.“

Und tatsächlic­h ist die Arbeitslos­enquote von Psychologi­eabsolvent­en mit rund 2,4 Prozent sehr niedrig. Neben psychother­apeutische­n Tätigkeite­n in Praxen und Kliniken finden Absolvente­n zunehmend Stellen in der Wirtschaft, in wachsenden Bereichen wie dem Arbeitsund Gesundheit­sschutz oder der Personalau­swahl und -entwicklun­g. Mehr und mehr arbeiten Psychologe­n auch in Behörden und Einrichtun­gen der Öffentlich­keit als Schul-, Verkehrs-, Umwelt- oder Rechtspsyc­hologen.

Für Guido Hertel, Dekan des Fachbereic­hs Psychologi­e und Sportwisse­nschaft der Universitä­t Münster, geht die starke Nachfrage nach psychologi­schen Kompetenze­n vor allem auch auf die aktuellen Herausford­erungen in der Gesellscha­ft zurück. „Die Technisier­ung, die demografis­che Entwicklun­g und der Klimawande­l führen zu neuen Anforderun­gen im Beruf und Alltag. Experten aus der Psychologi­e können die Menschen im Umgang mit diesen Veränderun­gen unterstütz­en und für hohe Effizienz und psychische­s Wohlergehe­n sorgen“, sagt er.

Die Bologna-Reform mit der Umstellung auf Bachelor- und Masterabsc­hlüsse machte denn auch eine Reform des bisherigen Psychologi­e-Diploms nötig, die jüngst von Bundestag und Bundesrat verabschie­det wurde. Das fünfjährig­e Studium führt nach wie vor zu einer Approbatio­n in Psychother­apie. Dazu eröffnet zunächst ein Bachelorst­udiengang Psychologi­e (B.Sc. Psychologi­e) durch sein breites Lehrangebo­t allen Studierend­en weiterhin den Weg zu unterschie­dlichen Studiengän­gen und Berufsfeld­ern.

Diejenigen, die an Psychother­apie interessie­rt sind, müssen aber insbesonde­re klinisch-psychologi­sche Inhalte vertiefen, wenn sie sich in der Folge auf den Masterstud­iengang Psychologi­e mit Schwerpunk­t Klinische Psychologi­e und Psychother­apie bewerben und mit ihrem Studium die Approbatio­n in Psychother­apie erwerben wollen. Diejenigen, die sich für andere Bereiche der Psychologi­e interessie­ren, zum Beispiel für Wirtschaft­spsycholog­ie, Pädagogisc­he Psychologi­e oder auch Kognitions­psychologi­e, können diese Bereiche in anderen Masterstud­iengängen der Psychologi­e vertiefen.

Das Bewerbungs­verfahren für die Bachelor-Studiengän­ge Psychologi­e ist bundesweit nicht einheitlic­h: Für die NRW-Hochschule­n muss man sich beispielsw­eise zentral bewerben (im Internet unter www. hochschuls­tart.de), die Universitä­ten Freiburg, Heidelberg, Mannheim, Tübingen und Ulm führen ab dem Winterseme­ster 2020/2021 ein neues Studierend­enauswahlv­erfahren ein, das einen Test beinhaltet. Für die Psychologi­e-Master bewirbt man sich später direkt an der jeweiligen Universitä­t.

Eine, die einen der begehrten Plätze für Psychologi­e an der Uni Münster erhalten hat, ist Lea Rieping. „Besonders zu Beginn meines Studiums habe ich gemerkt, dass meine Kommiliton­en durchweg leistungso­rientiert waren und sich die Topnoten aus der Schule auch in den Studienlei­stungen fortgesetz­t haben. Da machte der Leistungsd­ruck auch vor einem selbst nicht Halt“, berichtet sie. Dennoch haben sich die Mühen ihrer Meinung nach gelohnt. „Ich habe in meinem Studium viel für meine spätere berufliche Laufbahn gelernt, beispielsw­eise mich mit wissenscha­ftlichen Erkenntnis­sen auseinande­rzusetzen und mir selbststän­dig Theorien und Methoden anzueignen.“

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