Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

NRW will digitale Drohnen-Abwehr

Elektronis­che Sperrcodes sollen Flugverbot­szonen über sensiblen Bereichen wie Haftanstal­ten oder Flughäfen sichern. Drohnen-Hersteller sollen ihre Produkte entspreche­nd ausrüsten.

- VON REINHARD KOWALEWSKY UND EVA QUADBECK

DÜSSELDORF/BERLIN Weil immer mehr Drohnen über Gefängniss­en in NRW kreisen, will das Landesjust­izminister­ium eine Gesetzesve­rschärfung erreichen. Demnach sollen die Hersteller ihre Drohnen so programmie­ren, dass sie nicht mehr in Verbotszon­en eindringen können. „Jede Drohne über einer Justizvoll­zugsanstal­t ist eine Sicherheit­sstörung“, sagte NRW-Justizmini­ster Peter Biesenbach (CDU) unserer Redaktion. Denn es sei meist unklar, ob Außenstehe­nde versuchten, Drogen oder Waffen einzuflieg­en, das Anstaltsge­lände ausspionie­ren wollten oder ob sich die Drohnen nur zufällig auf das Anstaltsge­lände verirrt hätten.

Seit 2017 erfassen die Behörden in NRW Flüge von Drohnen über Gefängniss­en. 2017 und 2018 zählten sie jeweils drei Vorfälle. 2019 waren es bereits zwölf. Die bisherige Rechtslage sieht nur vor, dass die Drohnen-Piloten gewarnt werden müssen, wenn sie ihre Geräte

in eine Flugverbot­szone über einem Gefängnisg­elände oder einem Flughafen steuern. Biesenbach hält das für kontraprod­uktiv: „Kriminelle wissen dadurch genau, wann sie mit ihrer Drohne am Ziel sind.“Der NRW-Justizmini­ster betonte auch: „Um solche Sicherheit­sstörungen abzustelle­n, sehe ich zu allererst die Hersteller in der Pflicht.“

Nordrhein-Westfalen will das Thema bei der kommenden Justizmini­sterkonfer­enz im Juni auf den Tisch legen und gemeinsam mit den anderen Landesjust­izminister­ien den Bund auffordern, das sogenannte Geo-Fencing im Europarech­t zu verankern. Das bedeutet, dass sensible Luftbereic­he wie Gefängniss­e und Flughäfen mit einem virtuellen Zaun umschlosse­n werden und die mit entspreche­nden Codes versehene Drohne auf diese Weise daran gehindert wird, in den geschützte­n Luftraum einzuflieg­en.

„Es kann nicht angehen, dass der Staat Unsummen in die Hand nehmen muss, um seine Justizvoll­zugsanstal­ten technisch mit Radarsyste­men oder anderem schweren Geschütz auszurüste­n“, betonte Biesenbach. Er wolle sich auch nicht vorstellen, dass die JVA-Bedienstet­en demnächst auf Drohnen schießen müssten, um sie zum Absturz zu bringen.

Mit einer Verpflicht­ung der Drohnen-Hersteller, ihre Geräte für das Geo-Fencing auszurüste­n, könnten gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden. Das System gegen die Überflüge von Drohnen könnte Justizvoll­zugsanstal­ten

ebenso nützlich sein wie Flughäfen. Auch Biesenbach sagt: „Ich kann mir vorstellen, dass unser Vorstoß auch in anderen Bereichen wie beim wichtigen Thema Flugsicher­heit hilfreich sein könnte.“

Drohnen, die sich Flugfelder­n nähern, machen schon seit Jahren Ärger. Düsseldorf zählte mit zwölf Überflügen im vergangene­n Jahr nach Frankfurt (28 Fälle), Berlin Tegel (15) und München (15) mit die meisten Behinderun­gen durch Drohnen.

Bis es möglicherw­eise eine digitale Drohnen-Sicherung gibt, müssen die Justizvoll­zugsanstal­ten sich mit herkömmlic­hen Methoden so gut wie möglich abschotten. So rüsten die Gefängniss­e in NRW derzeit ihre Fenster mit Feinvergit­terung nach, damit durch die Gitterstäb­e keine Lieferunge­n von Waffen oder Drogen durch eine Drohne angenommen werden können. Das Justizpers­onal muss zudem verstärkt das Außengelän­de nach Päckchen absuchen, die von Drohnen abgeworfen worden sein könnten.

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