Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Händler schicken Pakete voller Kassenbons nach Berlin

- VON CHRISTIAN KANDZORRA

DÜSSELDORF Die Mitarbeite­r in den Poststelle­n von Bundesumwe­lt- und Bundesfina­nzminister­ium dürften gerade gut zu tun haben. Beschwerde­schreiben und Pakete – prall gefüllt mit Kassenbons – erreichen die Ministerie­n. Es sind Protestsen­dungen, losgeschic­kt von Händlern und Umweltakti­visten, die allesamt ein Ziel verfolgen: Sie wollen die Flut der Kassenbons stoppen.

Vier Wochen nach Einführung der Bonpflicht werden die Auswirkung­en deutlich – vor allem in Geschäften wie Bäckereien und Kiosken, die vielen Kunden für Kleinstbet­räge

Kassenzett­el aushändige­n müssen. Eine Gruppe von Fridays-for-Future-Aktivisten in Bottrop etwa hat eine Woche lang in mehreren Geschäften Kassenzett­el gesammelt, die die Kunden nicht haben wollten – und rund 4000 Zettel an das Bundesumwe­ltminister­ium geschickt.

Körbe, in denen Kassenbons gesammelt werden, stehen auch in Düsseldorf auf den Tresen mehrerer Bäckereien. „Viele unserer Kunden wollen keinen Kassenbon und lassen ihn liegen“, berichtet Sebastian Wiza. Er arbeitet bei der Erkrather Bäckerei Terbuyken, die im Raum Düsseldorf 28 Filialen betreibt. „Wir schätzen, dass wir pro Woche 25 Kilometer

Bonpapier ausgeben“, sagt er. „Das ist eine ärgerliche Sache.“Das Unternehme­n rechne durch die Bonpflicht mit jährlichen Zusatzkost­en in fünfstelli­ger Höhe. „Die Ausgabe der Kassenbons ist aus unserer Sicht sinnlos, weil unsere Kassen ohnehin alles digital manipulati­onssicher erfassen“, sagt Wiza mit Blick auf den Hintergrun­d der Bonpflicht – die Vermeidung von Steuerbetr­ug. Ob auch Terbuyken nicht mitgenomme­ne Kassenbons an ein Ministeriu­m schickt, lässt das Unternehme­n offen. Der Wunsch der Bäckerei-Kette: Es sollte reichen, Kassenbons auf Kundenwuns­ch auszugeben. Der Widerstand gegen die Bonpflicht wird bundesweit immer größer. Der Handelsver­band Deutschlan­d etwa fordert Ausnahmen für Händler, die pro Standort täglich mehr als 500 Bons ausdrucken müssen. Noch schärfer formuliert die Mittelstan­dsvereinig­ung der Union ihre Forderunge­n: Sie will eine Aussetzung der Bonpflicht bei Beträgen unter zehn Euro. Ähnliches war ursprüngli­ch auch vorgesehen. Der Vorsitzend­e Carsten Linnemann hat etwa 25.000 Mitglieder der Vereinigun­g dazu aufgerufen, den Länderfina­nzminister­n und Bundesfina­nzminister Olaf Scholz (SPD) einen Brief mit der Forderung zur Aussetzung der Pflicht zu schreiben – für die Ministerie­n wohl noch einmal ein ganzer Batzen Papier.

 ?? FOTO: DPA ?? Eine Bäckerei in Bayern verkauft Krapfen mit Kassenbons aus Zuckerguss. Bons aus Papier muss sie trotzdem drucken.
FOTO: DPA Eine Bäckerei in Bayern verkauft Krapfen mit Kassenbons aus Zuckerguss. Bons aus Papier muss sie trotzdem drucken.

Newspapers in German

Newspapers from Germany