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Kritik an Verdienstkreuz für Mario Draghi
Der Bundespräsident will den langjährigen Chef der Europäischen Zentralbank ehren.
BERLIN (dpa) Die geplante Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an Mario Draghi, bis Oktober Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), stößt auf breite Kritik. „Die Politik der EZB unter Draghi hat nicht nur deutsche Sparer kontinuierlich enteignet, sondern die Altersvorsorge von Millionen Menschen in Deutschland geschmälert. Dafür hat er keine deutsche Auszeichnung verdient“, sagte CDU-Innenexperte Axel Fischer der „Bild“-Zeitung und betonte weiter: „Draghis Politik war vielleicht vordergründig hilfreich für einige südeuropäische Staaten. Für den Euroraum jedoch nicht und für
Deutschland schon gar nicht.“Ähnlich äußerte sich CSU-Generalsekretär Markus Blume: Nun werde ausgerechnet der Mann geehrt, „der mit seiner Zinspolitik seit Jahren für eine Art schleichender Enteignung all jener steht, die vorausschauend zurückgelegt, gespart und für das Alter investiert haben“.
Auch der finanzpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Florian Toncar, kritisierte die Entscheidung als nicht nachvollziehbar. Draghis Geldpolitik sei „ein kolossales Experiment mit bestenfalls offenem Ausgang“gewesen. Die Zinspolitik der EZB ziehe die Altersvorsorge von Millionen Menschen in Mitleidenschaft. Die Grünen bezeichneten die Kritik dagegen als scheinheilig. „Man kann nicht gleichzeitig an dem Fetisch der schwarzen Null klammern und dann die EZB für ihre Geldpolitik angreifen“, sagte Sven-Christian Kindler, Grünen-Sprecher für Haushaltspolitik. Deutschland verdanke der EZB die Stabilisierung des Euro, was auch den Spareren nutze.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier will Mario Draghi die Auszeichnung am Freitag im Schloss Bellevue überreichen. Deutschland verleiht den Orden an für politische, wirtschaftlich-soziale oder geistige Leistungen. Draghi war acht Jahre EZB-Chef. In Deutschland wird er seit langem kritisiert.
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