Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Mit 16 schon Fußballpro­fi?

Die Bundesliga diskutiert eine Absenkung der Altersgren­ze von 18 Jahren. Dagegen spricht wenig.

- VON SEBASTIAN KALENBERG

DÜSSELDORF 90 Tore erzielte Youssoufa Moukoko in 56 Spielen für die U17 von Borussia Dortmund. In dieser Saison war er in 21 Partien mit der U19 bereits an 34 Toren direkt beteiligt. Es ist wohl nur noch eine Frage der Zeit, bis der in Kamerun geborene Mittelstür­mer mit deutschem Pass für die Profimanns­chaft der Dortmunder in der Bundesliga auflaufen wird. Wie früh das sein wird, hängt auch von den Plänen der Deutschen Fußball Liga (DFL) ab, die eine Absenkung der Altersgren­ze im deutschen Profi-Fußball vorsehen: Denn Youssoufa Moukoko ist gerade erst 15 Jahre alt und somit nach aktuellen Bundesliga-Statuten noch nicht spielberec­htigt.

„Die Schulfplic­ht muss weiter gelten“

Heinz Hilgers

Präsident Deutscher Kinderschu­tzbund

Aktuell sieht die Regelung vor, dass Spieler bei ihrem Liga-Debüt mindestens zum jüngeren Jahrgang der U19 oder zum älteren Jahrgang der B- Junioren – nach Vollendung des 17. Lebensjahr­es – gehören müssen. In der Bundesliga-Geschichte liefen bislang zwei Nachwuchst­alente kurz vor ihrem 17. Geburtstag mit einer Sondergene­hmigung auf: Yann Aurel Bisseck (16 Jahre, 11 Monate, 28 Tage) für den 1. FC Köln im Jahr 2017 und Nuri Sahin, der 2005 mit 16 Jahren, 11 Monaten und einem Tag für Borussia Dortmund zum jüngsten Bundesliga-Debütanten der Geschichte avancierte.

Der im November 2004 geborene Moukoko dürfte nach den momentanen Regularien erst im August 2021 seinen ersten Profi-Einsatz feiern. Möglicherw­eise betritt das Ausnahmeta­lent aber schon viel früher die ganz große Bühne. Denn die DFL plant, die Altersgren­ze im Profiberei­ch herabzuset­zen. Solch eine Regeländer­ung bedarf der Zustimmung der DFL-Vollversam­mlung der 36 Erst- und Zweitligis­ten, die sich im März zur nächsten Tagung treffen. Dort will Borussia Dortmund dann offenbar den Antrag stellen. BVB-Nachwuchsk­oordinator Lars Ricken hat das Vorhaben des Bundesligi­sten begründet: „Wir haben gegenwärti­g einen großen Wettbewerb­snachteil gegenüber anderen Ligen und internatio­nalen Wettbewerb­en, weil wir sehr junge Spieler, die über außergewöh­nliches Talent verfügen, in Deutschlan­d nicht im Profiteam einsetzen dürfen.“

In Spanien, wo Barcelonas „Wunderkind“Ansu Fati mit 16 Jahren debütierte, würden die Vereine das Alter gerne auf 14 herunterse­tzen. In England liegt das Mindestalt­er bei 15 Jahren, in Italien dürfen Jugendspie­ler nach den Regularien ab 16 Jahren auflaufen, mit 14 Jahren aber bereits als „junge Serienspie­ler“bei den Vereinen angemeldet werden.

Neben viel Zustimmung, gibt es auch kritische Töne. Zum Beispiel von Leipzig-Coach Julian Nagelsmann: „Ich bin davon nicht der allergrößt­e Freund. Es wird sich viel über mangelnde Entwicklun­gsmöglichk­eiten von Führungspe­rsönlichke­iten auf Spielerebe­ne beklagt. Wenn ich die Spieler früher hoch schiebe, sind sie noch mehr Druck ausgesetzt.“Heinz Hilgers, Präsident des Kinderschu­tzbundes, steht der Idee grundsätzl­ich offen gegenüber. „Kinderschu­tz heißt auch Partizipat­ion. Das Kind soll bitte gefragt werden und mitentsche­iden, ob es spielen möchte.“Auf jeden Fall sollten nach Hilgers Auffassung einige Regeln zum Kinderschu­tz eingehalte­n werden. „Die Schulpflic­ht muss weiter gelten, und wenn die Chance auf das Abitur besteht, darf diese nicht genommen werden. Es darf sowieso nicht sein, dass die Schule komplett wegfällt. Die Versicheru­ng des Kindes muss vetraglich geregelt sein, und es soll einen befristete­n Vertrag bis zur Volljährig­keit erhalten. Mit 18 darf es dann selber entscheide­n, wie die Karriere weiter verläuft.“Hilgers ergänzt: „Generell hat der Kinderschu­tz in Deutschlan­d aber andere Probleme als diese Frage.“

Zumal es bei anderen Sportarten in Deutschlan­d bereits weniger streng reguliert wird. Für eine Lizenzerte­ilung in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) muss der Jugendspie­ler 16 Jahre alt sein, beim Basketball dürfen sogar U15-Spieler mit einer ärztlichen Prüfung und einer Sondergene­hmigung in der Bundesliga auflaufen. Auch beim Handball dürfen DHB-Kaderspiel­er

mit ärztlicher Zustimmung ab 16 Jahren in der Bundesliga spielen. Für die Volleyball-Bundesliga gibt es keine festgelegt­e Altersgren­ze, da dort Faktoren wie Körpergröß­e und allgemeine Physis den Einsatz von Jugendspie­lern swowieso eingrenzen. „Bei den Männern gibt es in der Liga keinen Spieler unter 18, bei den Damen nur vereinzelt“, sagt Lars Gäbler, Sprecher des Deutschen Volleyball-Verbandes.

Auch Ulf Baranowsky, Geschäftsf­ührer Vereinigun­g der Vertragsfu­ßballspiel­er, stellt das Wohl der Jugendspie­ler an oberste Stelle: „Es müssen Aspekte des Gesundheit­sund Jugendarbe­itsschutze­s berücksich­tigt werden. Die Klubs müssen ihrer Fürsorgepf­licht als Arbeitgebe­r nachkommen. Nicht die kurzfristi­gen ökonomisch­en Ziele des Klubs dürfen ausschlagg­ebend sein, sondern das Entwicklun­gspotentia­l eines Spielers. Talente dürfen nicht verheizt werden.“(mit dpa)

TV-TIPP

TENNIS

BASKETBALL

FUSSBALL

 ?? FOTO: DPA ?? Borussia Dortmunds Nachwuchst­alent: Youssoufa Moukoko (15) könnte schon bald in der Bundesliga auflaufen.
FOTO: DPA Borussia Dortmunds Nachwuchst­alent: Youssoufa Moukoko (15) könnte schon bald in der Bundesliga auflaufen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany