Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Kegelbrüder reisen einmal um die Welt
Das Kegeln dient bei den „Linken Bazillen“nur einem höheren Zweck: dem Reisen. Seit 50 Jahren erkundet der Kegelclub die Welt – von Kenia über Thailand bis Peru.
DABRINGHAUSEN Wenn Rolf Felder durch die Fotoalben blättert, dann hat er das Gefühl, als sei es gestern gewesen. „Damals haben wir bei den Eingeborenen in Zelten und Strohbuden geschlafen“, erzählt er schmunzelnd und deutet auf ein Foto aus Botswana. Nachts riefen die Löwen und keiner traute sich aufs Klo. „Und hier“, sagt Felder dann und deutet auf ein Bild aus Brasilien. „Da haben wir bei einem Stamm im Urwald kölsche Lieder gesungen“, erzählt er lachend. Die Erinnerungen sprudeln – an nächtliches Baden im Titicaca-See, an die Begegnung mit Schamanen und an den Tag, als die Luft knapp wurde beim Aufstieg zur antiken Inkastadt Macchu Picchu.
Die klassischen Bilder von Kegelbahnen und Meisterschaften finden sich in den unzähligen Fotoalben von Rolf Felder kaum. Dabei war die Vereinsgründung, die er 1970 gemeinsam mit Reiner Ising auf den Weg brachte, eigentlich aufs Kegeln ausgelegt. „Damals eröffnete in der Gaststätte Greitemann in Grunewald eine Kegelbahn“, erzählt er. Reiner Ising und Rolf Felder motivierten ihren Freundeskreis, sich regelmäßig zum Kegeln zu treffen.
Sie gaben sich den Namen „Linke Bazillen“– ohne damit eine politische Aussage machen zu wollen und schrieben sich eine Satzung.
Der Vereinsbeitrag fiel ungewöhnlich auch aus. Nicht ohne Grund. „Wir wollten kegeln, um das Geld für unsere Reisen zusammenzubekommen“, sagt Felder. Da hatte er selbst schon große Touren in alle Welt unternommen – und Blut geleckt. Monat um Monat zahlten die Kegler in die Vereinskasse ein, wer auf der Kegelbahn wenig Glück hatte, zahlte ebenfalls. Anfangs reisten die „Linken Bazillen“nur nach Spanien.
Aber 1979 starteten sie dann auf ihre erste große gemeinsame Reise – und damit schufen sie eine Tradition. „Seitdem gehen wir einmal im Jahr zusammen auf Abenteuertour“, sagt Felder. Den größten Teil der
Kosten stemmen sie aus der Vereinskasse – umso größer die Reisen wurden, desto häufiger legten die Kegler noch Geld dazu. „Wir planen unsere Touren gemeinsam mit einem Reisebüro“, sagt Felder, „meistens haben wir einen eigenen Bus und einen eigenen Reiseleiter.“
Zwischen neun und 15 Männer gehen auf Reisen, die vor allem Freunde sind – weniger Kegelbrüder. Thailand und Kenia, Florida und Brasilien, Singapur und Finnland, Indien und gleich mehrfach Namibia, Kuba, Südafrika und New York, Venezuela, Kroatien und Botswana, Ski
Lanka, Peru und Mexico, die Dominikanische Republik und auch europäische Ziele: Die Liste ist lang. Von ihren Reisen bringen die Kegler Erinnerungen an ungewöhnliche Begegnungen und Fotos mit. „Damals im Spreewald ist unser Schiff abgesoffen“, sagt Felder lachend. „Und wir mussten den Kapitän retten“. Oder damals auf dem Markt in Namibia, als Felder ein Huhn kaufte und mit nach Hause brachte.
Dann finden sich doch noch ein paar Fotos von Kegelbahnen: „Wir nehmen an den Stadtmeisterschaften teil“, sagt Felder. Und wer 50 Jahre auf Kegelbahnen Zuhause sei – erst bei Greitemanns, dann in Stumpf, schließlich auf der Ketzberger Höhe und seit 2011 in Ermangelung einer heimischen Kegelbahn in Hilgen – entwickle natürlich auch einen gewissen Ehrgeiz. „Aber vor allem sind wir Freunde geblieben“, sagt Felder. Und die blickten nicht nur über den Tellerrand ihres eigenen Landes, sondern auch ihres eigenen Clubs. Die „Linken Bazillen“legten sich für den Weihnachtsmarkt in Dabringhausen ins Zeug, sind heute noch im Festausschuss des Karnevals dabei und 1988 rief der Kegelclub die Dabringhausener Kirmes wieder ins Leben – die heute Kegelbruder Harry Tiede mit dem Dorffestkomitee organisiert.
Inzwischen sind die Kegler ein ruhiger geworden. In den vergangenen Jahren haben sie vor allem europäische Länder bereist. „Nicht alle wollen mehr die langen Flugreisen in Kauf nehmen“, sagt Felder. Und so steht für das goldene Jubiläumsjahr vermutlich eine Tour nach Porto an.