Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Groko-Gipfel soll kein Basar werden
Union und SPD streiten um geringere Firmensteuern und höhere Investitionen.
BERLIN (jd/mar) Vor dem Treffen der Koalitionsspitzen an diesem Mittwochabend haben Union und SPD in der Finanzpolitik erneut erhebliche Meinungsunterschiede gezeigt. Während die Union überschüssige Milliarden vor allem zur Senkung der Firmensteuern verwenden will, setzt die SPD auf höhere staatliche Investitionen und Steuerentlastungen für kleine Einkommen.
Weitere neun Themen stehen auf der Tagesordnung, wenn die Parteiund Fraktionschefs ab 20 Uhr im Kanzleramt zusammensitzen, darunter Entlastungen für Stromkunden, die Entbürokratisierung der Bonpflicht, die Stärkung des Ehrenamtes. Die von der SPD geforderte Anhebung des Mindestlohns und die Grundrenten-Pläne von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sollen nach Unionsangaben nicht auf der Agenda stehen. Die Union fordert von Heil erst einmal Nachbesserungen
am vorliegenden Gesetzentwurf. Die Rentenversicherung hatte zuvor erklärt, die nötigen Vorarbeiten für eine Einkommensprüfung bei Millionen Rentnern seien bis Anfang 2021 nicht machbar.
Unionspolitiker bekräftigten ihre Forderung nach geringeren Unternehmensteuern. Die seien im internationalen Vergleich zu hoch. Die SPD fordert im Gegenzug einen höheren Spitzensteuersatz. „Wir sollten jetzt nicht anfangen, da einen Basar aufzubauen“, warnte Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus.
Die Koalition verfügt dank guter Steuereinnahmen über freie Mittel von rund 17 Milliarden Euro bis 2023. Finanzminister Olaf Scholz (SPD) will den Großteil davon verwenden, um die Investitionen auf dem hohen Niveau von 42,9 Milliarden Euro im laufenden Jahr auf Dauer zu halten. Dann bliebe für Entlastungen allerdings fast kein
Spielraum – wenn nicht die schwarze Null, also das Ziel eines ausgeglichenen Haushalts, aufgegeben würde. Allerdings könnte die leichte Anhebung der Wachstumsprognose eine verbesserte Steuerschätzung im kommenden Mai bescheren: Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) will die Prognose an diesem Mittwoch von bisher 1,0 auf 1,1 Prozent für 2020 erhöhen.
SPD-Chef Norbert Walter-Borjans erneuerte seine Kernforderungen. „Wir wollen mit einem Mindestlohn von zwölf Euro, der steuerlichen Entlastung von Einkommen bis zu 90.000 Euro je veranlagtem Steuerzahler und für mindestens zehn Jahre anhaltend hohen Investitionen in Schulen, Krankenhäuser und Infrastruktur die Kaufkraft bis in durchaus gut verdienende Kreise hinein stärken“, sagte Walter-Borjans. Das diene der Konjunktur und den Unternehmen.