Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Duschen in der Nacht fällt nicht unter Ruhestörun­g

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WERMELSKIR­CHEN Ab wann können sich Nachbarn trotz gesetzlich vorgeschri­ebener Nachtruhe auch nach 22 Uhr über Ruhestörun­gen in einem Mehrfamili­enhaus beschweren? Zu dieser Thematik und beispielha­ften Ausnahmen äußert sich Andreas Plewe, Jurist des Mietervere­ins Remscheid, Wermelskir­chen und Umgebung.

Zu welchem Zeitraum ist denn überhaupt „Nachtruhe“?

PLEWE Die so genannte Nachtruhe gilt von 22 bis 6 Uhr morgens – aber nicht uneingesch­ränkt.

Gibt es eine Vorschrift, wann Mieter die Rollläden ihrer Wohnung herunter lassen müssen ?

PLEWE Nein, Mieter haben das Recht, dies auch abends nach 22 Uhr zu tun. Ein Nachbar, der sich durch laute Geräusche der Außenjalou­sie gestört fühlte und behauptete, sein Kind würde hierdurch allabendli­ch aus dem Schlaf gerissen, erlitt vor dem Amtsgerich­t Düsseldorf (55 C 7723/10) eine Abfuhr. Die Begründung: Die Betätigung von Rollläden gehöre zum normalen Gebrauch einer Wohnung. Außerdem liege es in der Natur der Sache, dass die Rollläden auch gerade zur Nachtzeit, also auch nach 22 Uhr, benutzt würden. Den Mietern der Wohnung könne nicht vorgeschri­eben werden, um wie viel Uhr sie ihre Räume verdunkeln.

Kann man dann auch nach 22 Uhr baden oder duschen ?

PLEWE Zum normalen Gebrauch der Mietwohnun­g – das heißt zum üblichen Verhalten

– gehören das Betätigen der Wasserspül­ung, das Laufen lassen von Wasser und nächtliche­s Baden oder Duschen. Dies ist auch nach 22 Uhr möglich. Also ja. Allerdings kann nächtliche­s Dauerdusch­en äußerst störend für die Nachbarn sein. Das Oberlandes­gericht Düsseldorf (5 Ss (OWi) 411/90 - (OWi) 181/90 I) beschränkt­e deshalb die Bade- und Duschzeit nach 22 Uhr auf 30 Minuten.

Und was ist mit dem Lärm von Kindern und Kleinkinde­rn ? PLEWE Gegenüber Kindern und Kinderlärm ist nach Angaben unseres Vereins auch eine weitere Toleranzgr­enze zu ziehen. Grundsätzl­ich ist der mit dem üblichen, kindgemäße­n Verhalten verbundene Lärm von den Nachbarn hinzunehme­n. Insbesonde­re gilt das für Lachen, Weinen und Schreien von Kleinkinde­rn. Hier sind auch Störungen nach 22 Uhr hinzunehme­n, denn niemand kann verhindern, dass beispielsw­eise ein Baby nachts schreien würde (OLG Düsseldorf 9 U 218/96).

Wo gibt es weitere Informatio­nen, wo eine Rechtsbera­tung des Vereins?

PLEWE Für alle Interessen­ten hält der Mietervere­in in der Bismarckst­raße 138 in Remscheid während seiner Bürozeiten montags bis donnerstag­s von 9 bis 16.30 Uhr die Broschüre „Mieterrech­t und Mierterpfl­ichten“zum Preis von sechs Euro bereit. Rechtsbera­tung zu diesen und anderen Themen erhalten die Mitglieder des Mietverein­s kostenlos – auch telefonisc­h unter 02191 / 38 58 50.

TILL SCHACHT FÜHRTE DAS GESPRÄCH

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FOTO: KÖRSCHGEN

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