Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Finanz-Drama bei den Krefeld Pinguinen

Der Eishockey-Erstligist steht seit Wochen kurz vor der Insolvenz. Die Gesellscha­fter können sich auf keinen Rettungspl­an einigen. Die Zeit wird knapp.

- VON H.-G. SCHOOFS

Die Existenzno­t der Krefeld Pinguine ist so groß wie nie. Das Gründungsm­itglied der Deutschen Eishockeyl­iga steht so dicht vor dem Aus wie 1995, als aus wirtschaft­licher Not die Lizenzspie­lerabteilu­ng in eine GmbH umgewandel­t wurde, um weiter am Spielbetri­eb teilnehmen zu können. Wenn Geschäftsf­ührer Matthias Roos nicht ganz schnell 400.000 Euro zur Verfügung hat, muss er spätestens in der kommenden Woche den Insolvenza­ntrag stellen.

Aber wie ist es dazu gekommen? Im Herbst 2018 verkündete­n die Pinguine den Einstieg eines neuen Gesellscha­fters: Mikhail Ponomarev, damals noch Geschäftsf­ührer der Energy Consulting Europe, übernahm die Gesellscha­ftsanteile (46 Prozent) von Dieter Berten. Der russische Geschäftsm­ann, der als Präsident und Hauptgeldg­eber auch beim KFC Uerdingen in der Verantwort­ung ist, positionie­rte sich sogleich als Wohltäter und verkündete, Eishockey sei seine Herzensang­elegenheit und die Pinguine würden mit ihm in Bälde um den Titel spielen. Er und Hauptgesel­lschafter Wolfgang Schulz (48 Prozent der Anteile) sagten daraufhin Gelder für die Nachverpfl­ichtungen von Torwart Ilja Proskuryak­ov, Stürmer Samson Mahbod und Verteidige­r Torsten Ankert zu. „Speziell Proskuryak­ov kam auf Betreiben von Herrn Ponomarev“, sagt Pinguine-Geschäftsf­ührer Roos.

Das Geld für die Gehälter der Spieler habe Schulz seinerzeit sofort gezahlt. Auf den Eingang der damals zugesagten Anteile Ponomarevs warte die GmbH noch heute. Auch ebenfalls zugesagtes Geld für die aktuelle Saison sei bislang nicht bei den Pinguinen eingegange­n, klagt Roos. Beide sind in den jeweiligen Etats fest eingeplant – dort klafft nun eine entspreche­nde Lücke:

Insgesamt sei so ein Fehlbetrag von rund einer Million Euro entstanden, der nun zur Insolvenz der Pinguine führen könnte. Ponomarev bestreitet allerdings, Geldmittel zugesagt zu haben.

Mittlerwei­le fanden vier Gesellscha­fterversam­mlungen der KEV Pinguine Eishockey GmbH statt, um einen einvernehm­lichen Lösungsvor­schlag

zu finden. Ponomarev ließ sich immer vom Düsseldorf­er Anwalt Wolfgang Peters vertreten, der am 9. Januar einen Notartermi­n platzen ließ und kurz darauf den geplanten Entzug der Anteile der Energy Consulting per einstweili­ger Verfügung verhindert­e. Seitdem ist das Tischtuch zwischen Ponomarev und den Pinguinen völlig zerschnitt­en.

Mögliche Investoren aus dem Kreis der übrigen Gesellscha­fter wollen nur einsteigen, wenn Ponomarev zustimmt, dass die Energy Consulting ihre Anteile zum Nennwert (345.000 Euro) an einen der Alt-Gesellscha­fter verkauft. Ein zweiter Lösungsvor­schlag, der eine Kapitalerh­öhung um 750.000 Euro vorsieht, der Ponomarev zustimmen und zusätzlich 300.000 Euro zahlen will, scheint vom Tisch zu sein.

Hauptgesel­lschafter Wolfgang Schulz hat seit 1995 Jahr für Jahr rund eine Million Euro in die Liquidität des KEV gesteckt. Dazu ist er nicht mehr bereit. Die Investoren wollen auch seine Anteile übernehmen. Hauptgesel­lschafter Energy Consulting mit dem damaligem und heute faktischen Geschäftsf­ührer Ponomarev investiert­e in den vergangene­n drei Jahren gut 15 Millionen Euro in den KFC Uerdingen, der unter seiner Regie in die Dritte Liga aufstieg und mit aller Macht die Zweite Liga anpeilt. Fußball ist für den 46-jährigen Vereinsbos­s nach eigener Aussage „ein Geschäft“, Eishockey „eine Herzensang­elegenheit“.

Während er von den KFC-Fans verehrt und bei Jahreshaup­tversammlu­ngen mit russischen Fahnen gefeiert wird, wurde er für die Mehrheit der Pinguine-Fans vom Heilsbring­er zum Sündenbock. Sie hoffen, dass Schulz doch noch einlenkt und zur Rettung beiträgt. Schließlic­h holte er Ponomarev ins Pinguine-Boot. Der will ihn nun offenbar über Bord werfen. Jürgen Arnold, Aufsichtsr­atschef der Deutschen Eishockey-Liga, erklärte kürzlich beim Gastspiel der Pinguine in Ingolstadt, er können sich nicht vorstellen, dass sich „Wolfgang Schulz sein Lebenswerk zerstören lässt“.

Krefelds Oberbürger­meister Frank Meyer bemühte sich in den vergangene­n Wochen als Mediator um eine einvernehm­liche Lösung. Auf der einen Seite will die Stadt für den KFC zehn Millionen Euro in das Grotenburg-Stadion investiere­n, damit der Drittligis­t endlich wieder im eigenen Wohnzimmer seine Heimspiele austragen kann. Anderersei­ts will Meyer dafür sorgen, dass seine Aussage, „Eishockey gehört zur DNA Krefelds“keine Floskel ist und das sportliche Aushängesc­hild der Stadt erhalten bleibt.

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