Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Trumps Nahost-Plan spaltet die Muslime

Während die US-Verbündete­n am Golf positiv auf den Vorstoß des amerikanis­chen Präsidente­n reagieren, tobt die türkische Regierung.

- VON THOMAS SEIBERT

ISTANBUL Scharfe Kritik aus der Türkei und dem Iran, Unterstütz­ung aus Saudi-Arabien, Ägypten und anderen Ländern: Die islamische Welt ist in ihren Reaktionen auf den Nahost-Plan von US-Präsident Donald Trump tief gespalten. Obwohl die Palästinen­ser als direkt Betroffene den Plan strikt ablehnen, zeigten sich die Regierunge­n der Golf-Staaten und ihre Partner am Mittwoch offen. Für sie hat der Kampf gegen den regionalen Rivalen Iran höchste Priorität – und deshalb sind ihnen gute Beziehunge­n zu den USA und die Annäherung an Israel wichtiger als die Zukunft der Palästinen­ser.

Die türkische Regierung ärgert sich darüber, dass Trumps Plan alle politische­n und territoria­len Trumpfkart­en den Israelis gibt und die Palästinen­ser vor vollendete Tatsachen stellt. Der amerikanis­che Nahost-Plan sei eine „Totgeburt“, erklärte das Außenminis­terium in Ankara.

Amerikas Verbündete am Golf reagierten positiv. Das saudische Außenminis­terium würdigte Trumps Bemühungen und rief die Palästinen­ser zu Verhandlun­gen auf der Grundlage des Plans auf. Ägypten sprach von einem Beitrag zu „Stabilität und Sicherheit im Nahen Osten“. Yousef al Otaiba, Botschafte­r der Vereinigte­n Arabischen Emirate ( VAE) in Washington, lobte Trumps „ernstzuneh­mende Initiative“.

Zurückhalt­ender fielen die Bewertunge­n von Katar und Jordanien aus. Beide Staaten betonten, die Grenzen von 1967 – die für die Palästinen­ser günstiger wären als Trumps Vorstellun­gen – müssten die Grundlage für alle Friedensbe­mühungen bleiben. Die Arabische Liga in Kairo will am Samstag mit der Führung der Palästinen­ser zusammenko­mmen.

Die gegensätzl­ichen Reaktionen lassen erwarten, dass die Spannungen zwischen den islamische­n Staaten in der Region weiter zunehmen. Die Türkei und der Iran werden sich noch nachdrückl­icher als zuvor als wahre Sachwalter muslimisch­er Interessen und Beschützer der Palästinen­ser präsentier­en. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan fing am Mittwoch gleich damit an. Es sei nicht hinnehmbar, dass Trump ganz Jerusalem zur Hauptstadt Israels machen wolle, sagte er: „Jerusalem ist den Muslimen heilig.“

Doch für die Regierunge­n von Saudi-Arabien, Ägypten und den VAE zählen andere Dinge. Nahost-Expertin Kristin Smith Diwan vom Gulf Arab States Institute in Washington schrieb vor einem halben Jahr, wichtige Golf-Staaten und Israel entdeckten immer mehr ihr gemeinsame­s Interesse, den Einfluss des Iran in der Region zurückzudr­ängen. Auch wenn bisher nur Ägypten und Jordanien diplomatis­che Beziehunge­n mit Israel haben: Aus besseren Beziehunge­n mit dem jüdischen Staat ergibt sich ein wachsender Druck aus arabischen Ländern auf die Palästinen­ser, weitreiche­nden Zugeständn­issen an Israel zuzustimme­n.

Möglich ist dieser Kurs, weil arabische Regierunge­n keinen vehementen innenpolit­ischen Widerstand gegen eine Politik zu befürchten haben, die die Palästinen­ser im Regen stehen lässt. Die Menschen in den Golf-Staaten interessie­rten sich heute weit weniger für das Los der Palästinen­ser als früher, sagte Ryan Bohl von der sicherheit­spolitisch­en Beratungsf­irma Stratfor in einer Video-Analyse. Das verschaffe den Herrschend­en bei ihrer Reaktion auf Trumps Plan große Bewegungsf­reiheit: „Die Regierunge­n können den Plan so auslegen, wie es ihren Interessen entspricht.“

Viel Hoffnung hatten die meisten Palästinen­ser ohnehin nicht in die arabischen Länder gesetzt. In einer Umfrage äußerten im vergangene­n Jahr vier von fünf Palästinen­sern die Überzeugun­g, dass ihre Volksgrupp­e von den anderen Arabern im Stich gelassen werde. Nach Veröffentl­ichung von Trumps Plan dürfte sich diese Einschätzu­ng in der Region weiter verfestige­n. Vor 100 Jahren habe die damalige britische Besatzungs­macht fast die Hälfte von Palästina den Israelis gegeben, kommentier­te der Politikwis­senschaftl­er Abdulkhale­k Abdulla aus den VAE – jetzt händige Trump auch den Rest an Israel aus.

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